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Medien: Musik für Millionen?

Debatte um TV-Gebühren bedroht ARD-Orchester

Die Reaktionen waren heftig: „Verrat“, „Bauernopfer“, „Katastrophe“ schallte es dem Intendanten des Bayerischen Rundfunks (BR), Thomas Gruber, entgegen, als er verkündete, der BR werde aus Kostengründen sein traditionsreiches Rundfunkorchester auflösen. Seitdem reißen die Proteste nicht ab, Manager Gernot Rehrl legte sein Amt nieder. Die bayerische Debatte wirft ein Schlaglicht auf die Situation der Rundfunkorchester, die durch die knappen Finanzen der Sendeanstalten zunehmend unter Druck geraten. Der Deutsche Orchestertag befürchtet eine „Signalwirkung“ und will sich bei seinem zweitägigen Jahrestreffen, das am Sonntag in Berlin begann, mit der angespannten Lage befassen.

Bislang leisten sich die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland 15 Rundfunkorchester, hinzu kommen diverse andere Klangkörper wie Chöre oder Big Bands. Für manchen Sender ist sein Orchester das Prestigeobjekt schlechthin - etwa für den kleinen Saarländischen Rundfunk, der den „wichtigsten musikalisch-kulturellen Botschafter des Saarlandes“ als unverzichtbar bezeichnet.

So eindeutig äußern sich freilich nur noch wenige Sender. Insbesondere der Südwestrundfunk (SWR), der in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz fünf Klangkörper unterhält, will nach Worten seines Intendanten Peter Voß den Sparkurs verschärfen und Orchester zusammenlegen. Hintergrund ist vor allem die Diskussion um die Rundfunkgebühren. Die von den Ministerpräsidenten beschlossene Anhebung um „nur“ 88 Cent zum 1. April 2005 geht den Sendern nicht weit genug.

So müssen etwa beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) in Leipzig nach eigenen Angaben in den nächsten fünf Jahren 100 Millionen Euro eingespart werden. „Davon sind unsere Klangkörper nicht ausgeschlossen“, sagt ein Sprecher. Mit den Kosten argumentiert auch BR-Intendant Gruber: Um einen Fehlbetrag von 54 Millionen Euro auszugleichen, wäre die Alternative zum Ende des Rundfunkorchesters gewesen, ganze Programme stillzulegen, sagte er. Dagegen versichert etwa der Intendant des Norddeutschen Rundfunks (NDR), Jobst Plog, dass die Auflösung von Klangkörpern derzeit nicht zur Debatte stehe.

Kritiker befürchten dennoch, dass im Süden der Republik eine Sparwelle ausgelöst wird, die einschneidende Folgen für die deutsche Orchesterlandschaft und für den Kultur- und Bildungsauftrag der ARD haben könnte, der bei der Gründung der Rundfunkorchester nach dem Zweiten Weltkrieg im Vordergrund stand. Die heutige Vielfalt der Klangkörper hängt zudem eng mit der föderalen Struktur der Bundesrepublik zusammen, wie sie nach 1945 entstand. Kultur wurde Ländersache, und so schmückte fast jedes Bundesland „seinen“ Sender mit einem eigenen Klangkörper.

Stephan Maurer (dpa)

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