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Zwei Männer, ein Sender. Torsten Rossmann, dem Vorsitzenden der N-24-Geschäftsführung (links), und Stefan Aust ist es um die Zukunft des Senders nicht bange.

© N 24

N 24: "Weihnachten war im Sommer"

Torsten Rossmann über die ersten sechs Monate des Nachrichtensenders N 24 im Eigenbetrieb – und die Zukunft von Stefan Aust.

Herr Rossmann, vor einem halben Jahr haben Sie zusammen mit Stefan Aust und anderen den Nachrichtensender N 24 gekauft. Wird’s trotzdem ein schönes Weihnachten?

In gewisser Weise fand Weihnachten für uns schon im Sommer statt: Die Chance, einen Sender dieser Größenordnung in einem der attraktivsten TV-Märkte der Welt zu kaufen, erhält man ja nicht alle Tage. Das kann man durchaus als Geschenk betrachten. 2010 war ein aufregendes Jahr, in dem viel passiert ist, in dem wir aber auch viel erreicht haben.

Wie sehen die Zahlen aus bei Mitarbeitern, Marktanteilen, Umsatz?

Die N-24-Gruppe beschäftigt rund 250 Mitarbeiter. Mit einem Marktanteil von 1,3 Prozent bei den 14- bis 49-jährigen Zuschauern ist N 24 nach wie vor der unangefochtene Marktführer unter den Nachrichtensendern und einer aktuellen Imagestudie zufolge auch weiterhin mit klarem Abstand der Lieblingsnachrichtensender des Publikums. Dank der guten Konjunktur werden wir in diesem Jahr deutlich höhere Werbeerlöse als geplant erzielen.

Was sind die positiven Überraschungen gewesen, welche Enttäuschungen gab es?

Zu den positiven Überraschungen zählen vor allem die konjunkturelle Erholung, aber auch die hohe Motivation und die große Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter nach der schwierigen Restrukturierungsphase im Sommer. Nicht zuletzt gehört auch die Tatsache dazu, dass wir mit ProSiebenSat 1 einen Nachrichtenzuliefervertrag über ganze sieben Jahre abschließen konnten. Das hilft uns sehr. Enttäuschend war insbesondere, dass wir uns im Zuge der Einsparungen auch von guten Mitarbeitern, mit denen wir gerne weitergearbeitet hätten, trennen mussten.

Wann hat sich Ihr Sender endgültig von Pro Sieben Sat 1 abgenabelt?

Der Verkauf ist seit dem 1. Juli 2010 wirksam, aber es dauert länger, einen Sender mit all seinen Facetten auch technisch aus einem Konzern herauszulösen. Diese Arbeiten stehen jetzt kurz vor dem Abschluss. Ab 1. Januar 2011 steht N 24 dann auf komplett eigenen Füßen.

Wie lange kann sich N 24 noch Verluste leisten?

In diesem und im folgenden Jahr lassen die Restrukturierungskosten keine schwarzen Zahlen zu. Ab 2012 rechnen wir mit einem positiven operativen Ergebnis.

N 24 liefert für die Fernsehgruppe ProSiebenSat 1 die Nachrichten. Werden es noch mehr Aufträge?

Daran arbeiten wir. Rund ein Drittel unserer Mitarbeiter ist bereits heute mit der Produktion des Sat-1-Frühstücksfernsehens und des Sat-1-Magazins beschäftigt. Ab Januar kommt „Stars & Stories“ dazu. Wir haben dafür gerade eine neue Produktionsfirma – die Content Factory TV-Produktion – gegründet. Auch im Bereich Reportagen und Dokumentationen wollen wir im nächsten Jahr neue Produktionen akquirieren.

In der Morgenstrecke ist das Programm schneller, aktueller geworden. Jede Viertelstunde werden die Nachrichten erneuert. Der Rest des Tages sieht dagegen ausgedünnter, dürftiger aus, die Talkshows am Abend wurden bis auf „Studio Friedman“ eingestellt. Wie reagiert das Publikum?

Unsere Marktanteile sind stabil geblieben, das zweite Halbjahr läuft sogar etwas besser als die ersten sechs Monate. Im Nachrichtenbereich haben wir unsere Produktionsweise verändert. Unsere News sind seit August formatiert und dadurch kompakter geworden. Zwischen sieben und 13 Uhr bekommt man jetzt alle 15 Minuten einen präzisen Überblick. Hier steigen die Quoten. Seit September haben wir ein neues, deutlich moderneres Design on air und ab Januar setzen wir weitere programmliche Änderungen um. Dabei fokussieren wir uns auf unsere zwei Kernkompetenzen: News und Dokumentationen/Reportagen.

Stefan Aust wirkt eher wie ein unsichtbarer Teilhaber. Engagiert sich der frühere „Spiegel“-Chefredakteur im Sender, wird er sichtbar im Programm?

Das täuscht. Wir sind in den letzten Monaten zusammen viel unterwegs gewesen. Wir waren gemeinsam auf einer großen Roadshow bei Mediaagenturen und Werbekunden. Stefan Aust verantwortet den Bereich der Reportage bei N24, der deutlich ausgebaut wird. Künftig produzieren oder beauftragen wir 50 große N-24-Reportagen pro Jahr. Am 11. Januar starten wir das wöchentliche Magazin „N24 Zeitreise“, das Stefan Aust auch moderieren wird. Stefan Aust wird mit der Zeitreise und den Reportagen für eine eigene journalistische Handschrift des Senders sorgen, mit der wir uns weiter von der Konkurrenz absetzen wollen.

Die ehemalige Konzernmutter ProSiebenSat 1 wird das Jahr mit einem glänzenden Gewinn abschließen, N 24 mit negativem Saldo. Wie bitter ist das?

Überhaupt nicht. Vergessen Sie nicht: Anfang 2010 war die Zukunft von N24 komplett infrage gestellt. Dann wurde der Sender Mitte des Jahres an uns verkauft und es entstand Deutschlands größter, unabhängiger TV-Produzent im Informationsbereich. Jetzt haben wir den Umbau des Senders weitestgehend abgeschlossen und ein positives Feedback des Publikums erhalten. Mit N24 haben wir den elftgrößten Sender und den größten Special-Interest-Sender im deutschen TV-Markt übernommen. Kein anderer großer Sender wird von den Eignern tatsächlich auch selbst gemanagt und betrieben. Das macht uns schnell und effizient. Wir haben vernünftige, realistische Businesspläne und einen großen Erfahrungsschatz in unserem Business – und vor allem eine gute Portion Spaß dabei.

Wird N 24 am Potsdamer Platz bleiben?

Ja, wir haben keine anderen Pläne. Die Nähe zum politischen Berlin ist für uns ein echter Wettbewerbsvorteil.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joachim Huber.

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