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„Die brauchen Kanonenfutter“. Zum Ende des Zweiten Weltkriegs werden die letzten Reserven mobilisert. Selbst 15-jährige Schüler werden verheizt.

© SWR/Ivan Maly

Nach dem Roman von Oliver Storz: Friedemann Fromm verfilmt "Die Freibadclique"

Friedemann Fromm hat den Generationen-Roman „Die Freibadclique“ für die ARD verfilmt. Oliver Storz hatte mit dem Buch auch seine eigenen Erlebnisse des Jahres 1944 verarbeitet.

Die Sonne scheint, das Freibad ist gut besucht. Am Beckenrand: Fünf Freunde in Badehose, die über Sex und Musik philosophieren. Und denen es gemeinsam den Atem verschlägt, wenn die blonde Lore im roten Badeanzug aus der Umkleide kommt. Dann klettern zwei von ihnen auf den Zehn-Meter-Turm und springen synchron und elegant ins Wasser. Träume und Imponiergehabe ganz normaler Jungs. Aber es ist kein ganz normaler Sommer.

Man schreibt das Jahr 1944, eine Bombe verfehlt den Führer, und der Lehrer verabschiedet seine Klasse mit den bangen Worten: „Ich hoffe, dass wir uns nach den Sommerferien vollzählig wiedersehen.“ Daraus wird nichts werden, denn in der Endphase des Zweiten Weltkriegs mobilisiert Deutschland die letzten Reserven. Knuffke, der abgebrühteste des Quintetts, weiß zu welchem Zweck: „Die brauchen Kanonenfutter.“ Deshalb muss nun der komplette Jahrgang 1929 in dem schwäbischen Ort zur Musterung in einer Turnhalle antreten, wo sich die nackte Jungen-Schar von einem grobschlächtigen Offizier als „Sauhaufen“ beschimpfen lassen muss.

Friedemann Fromm hat den Roman „Die Freibadclique“ für die ARD verfilmt, eine der letzten Arbeiten des 2011 verstorbenen Oliver Storz. Fünf Jahrzehnte lang hat Storz das Fernsehen als Autor, Regisseur und Produzent geprägt, hat Krimis, Komödien und Serien-Episoden verfasst. Aber immer wieder erinnerte er an die Schrecken von Krieg und Nazi-Herrschaft, eines seiner Lebensthemen, fußend auf eigenen Erlebnissen: 1944 musste Storz selbst als 15-Jähriger in der schwäbischen Provinz mit dem „Volkssturm“ ausrücken. Er gehörte wie die fünf Jungs aus der „Freibadclique“ zu der um ihre Jugend betrogene Generation. Begeisterten sie sich einst für Führer, Volk und Vaterland?

In den Straßen baumeln gehenkte "Feiglinge"

Im letzten Kriegsjahr ist davon jedenfalls nichts übrig. Die Freibad-Freiheit kontrastiert mit Angst und Schrecken. In den Straßen baumeln gehenkte „Feiglinge“, KZ-Häftlinge werden vor aller Augen erschossen. Und nun sollen sie sich als letztes Aufgebot den amerikanischen Panzern entgegenstellen. „Ich hab mit dem ganzen Scheiß doch gar nichts zu tun“, ruft Onkel, die Hauptfigur des Films.

Grimme-Preisträger Fromm („Weissensee“, „Die Wölfe“) und die erfahrene Casting-Direktorin Heta Mantscheff haben ein überzeugend aufspielendes Ensemble zusammengestellt, das allerdings fast ausschließlich aus jungen Männern Anfang 20 besteht. Und so führt der Film dem Publikum nicht konsequent genug vor Augen, dass es Kinder waren, die die Nazis an die Front schickten. Onkel (Jonathan Berlin) ist der besonnenste, heimlich in Lore verliebt und so etwas wie der Anführer der Clique. Sein bester Freund ist der frühreife Knuffke (Theo Trebs), dessen Eltern in Berlin einem Bombenangriff zum Opfer fielen. Bubu (Andreas Warmbrunn) redet gern und viel, und bei Hosenmacher (Laurenz Lerch) und Zungenkuss (Joscha Eißen) ist mit den Namen schon Wesentliches gesagt.

Man schwört sich: „Alle oder keiner“, doch ein Fliegeralarm verhindert, dass nach Hosenmacher und Knuffke auch die anderen drei die Unterschrift zum Eintritt bei der Waffen SS leisten. Der Krieg reißt sie auseinander. Um Freundschaft geht es also, um Zusammenhalt in einer Zeit, in der sich alles auflöst und zerfällt. Man trifft sich abends auf dem Dach, raucht und träumt, vor allem vom ersten Sex. Die große Sorge: Es nicht wenigstens ein Mal erlebt zu haben. Die pubertären Bemühungen führen, wenn die Jugendlichen nicht gerade sinnlose Gräben ausheben oder von Tieffliegern gejagt werden, zu allerlei rührenden und komischen Verrenkungen.

Nach Kriegsende wird sich nur ein Trio auf dem Zehn-Meter-Turm wiedersehen, und auch Lore wird keinem Jungen mehr den Kopf verdrehen. Die Amerikaner sind da, man hört Jazz, der Schwarzmarkt blüht, und vor allem Knuffke ist nun ziemlich erwachsen. Aus dem vorlauten Teenager ist ein Ganove mit Augenbinde und Günstling eines korrupten US-Kommandeurs geworden. Das Ziel männlicher Sehnsüchte heißt nun Gunda (Vica Kerekes), hat rote Haare und ist der Anlass für ein schicksalhaft-tragisches Ende. Das Coming-of-Age- und Antikriegsdrama verwandelt sich in ein liebevoll inszeniertes Kino-Zitat – die Figuren aber wirken plötzlich wie im falschen Film.

„Die Freibadclique“, ARD, Mittwoch um 20 Uhr 15

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