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Über 360 000 Unterstützer forderten bis Mittwochnachmittag die Rückkehr von Guttenberg.

© Tsp

Nach dem Rücktritt: „Der Wahnsinn! Lesen!“

Facebook-Gruppe „Wir wollen Guttenberg zurück“ wächst im Sekundentakt. Für Samstag wird per Social Network eine Unterstützer-Demo organisert.

Viel Geduld haben Facebook-Nutzer nicht. „Jetzt erholen sie sich ordentlich, damit sie (spätestens) im Frühjahr wieder neu durchstarten können und müssen...“ postet ein Mitglied des Netzwerks auf der Profilseite von Karl-Theodor zu Guttenberg am Tag nach dem Rücktritt des CSU-Politikers von all seinen politischen Ämtern. Auch die übrigen Kommentare gehen in diese Richtung: „Schade um Deutschland! Einer der besten geht“ oder „Tanken (Sie) bei Ihrer Familie und Freunden und dann sehen wir Sie als nächster Bundeskanzler in 8 Jahren wieder“, lauten die Einträge. Dabei ist die Stammseite des Freiherrn nicht einmal das größte Sammelbecken für Guttenberg-Fans. Die derzeit am schnellsten wachsende Facebook-Seite heißt „Wir wollen Guttenberg zurück“. Innerhalb eines Tages gaben 360 000 Facebook-Nutzer ihr Votum für diese Seite ab. Zur Mittagszeit am Mittwoch stieg die Zahl der Guttenberg-Sympathisanten um über 10 000, im Sekundentakt wurden neue Statements auf der Pinwand gepostet. Die Nutzer treiben die verschiedensten Motive an, allen voran aber das Bedauern über einen ihrer Ansicht nach unnötigen Rücktritt: „Nur weil jemand in der Vergangenheit einen ,Fehler‘ gemacht haben soll, muss er direkt dafür büßen? Irgendwo entzieht sich mir hier definitiv der Sinn“, „Zu gut im Job macht unbeliebt bei den Kollegen“, „Er wäre ein sehr guter Kanzler gewesen“, rufen sie Guttenberg hinterher. Wieder andere wollen sich ihren Politikverdruss von der Seele schreiben („Ich mach dieses Jahr wieder Wahlstreik....ich hab keine Lust mehr“) oder freuen sich darüber, dass die Medien die außerparlamentarischen Meinungsäußerungen wahrnehmen („Der Wahnsinn! Lesen! Wir kommen! Wir sind das Volk!“). Ganz zum Ärger der Profilbesucher von „Wir wollen Guttenberg nicht zurück“: „Wenn unsere Seite auch bei n-tv und N24 im 30-Minutentakt laufen würde, stiegen die Zahlen hier auch explosionsartig.“ Der Ärger hat seinen Grund, kommen diese Guttenberg-Gegner nur auf 4800 Unterstützer. Zum Vergleich: Die Seite „Gegen die Jagd auf Karl-Theodor zu Guttenberg“ erreicht über 350 000 Befürworter. Doch unabhängig davon, wie man zu Guttenberg steht, wird Facebook zum Sprachrohr der zuvor Sprachlosen. Während sich Politikberater und Politikforscher Analyseschlachten liefern, blieb für das Wahlvolk bislang wenig Raum. Entsprechend fallen die Äußerungen aus: „Volksvertreter von SPD, Grüne und Linke werden auch vom Volk gewählt... Denkzettel kommt!!!!“. Sicherlich bedeutet ein anonymer Klick auf den „Gefällt mir“-Button von Facebook noch lange kein Kreuz auf dem Wahlzettel, eine politische Meinungsäußerung ist er allemal. Doch das Blatt kann sich im sozialen Netzwerk schnell wenden. Noch Ende vergangener Woche wurde via Facebook zur Anti-Guttenberg-Demo vom Potsdamer Platz zum Verteidigungsministerium aufgerufen, um dem Minister symbolisch den Schuh des Unmuts vorzuhalten. Nun folgt das Rollback: Für diesen Samstagmittag werden die Guttenberg-Getreuen zu Demonstrationen in Berlin, Köln, Hamburg, München und 18 weiteren Städten dirigiert. Zudem sollen sich die Anhänger des Barons in Petititonen an Parteien und Medien für die Rückkehr des Politstars einsetzen. Allerdings ist auch oder gerade auf Facebook längst nicht jede Meinungsäußerung ernst zu nehmen – wie die Seite „Wir wollen KT zu Guttenberg als deutschen Kaiser“, die das Konterfei des Franken in der Paradeuniform von Kaiser Wilhelm II. zeigt. Drei Nutzern gefällt das. Kurt Sagatz

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