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"Kim Jong Un looking at things". Der gleichnamige Blog dokumentiert die legendären Inspektionen des nordkoreanischen Diktators.

© rts

Nachrichtenagenturen in Nordkorea: Deal mit dem Diktator?

Kaum ein Land ist für westliche Medien so abgeschottet wie Nordkorea. Dennoch will die französische AFP dort angeblich ein Büro eröffnen - die Bedingungen sind allerdings kritisch.

Nahezu täglich verbreitet Nordkoreas staatliche Nachrichtenagentur KCNA Berichte und Bilder über die vermeintlich tollen Taten Kim Jong Uns. Erst diese Woche wieder: Der Diktator beim Truppenbesuch, beim Besichtigen einer Backfabrik, beim Beobachten von Raketentests – doch wie es den Menschen in Nordkorea tatsächlich geht, ist kaum zu erfahren. Das wollen westliche Nachrichtenagenturen nun ändern. Sie wollen aus dem streng abgeschotteten Land, das in der Rangliste der Pressefreiheit von 180 Ländern den vorletzten Platz vor dem afrikanischen Eritrea belegt, so etwas wie freie Berichterstattung versuchen.

Ende des Jahres plant die französische Nachrichtenagentur Agence France-Presse (AFP) laut Medienberichten, ein Büro in Pjöngjang zu eröffnen. Offiziell bestätigen möchte die Agentur das nicht. Ihr Vorbild könnte die US-amerikanische Associated Press (AP) sein, die bereits mit einem Büro in der nordkoreanischen Hauptstadt vertreten ist. Damit sollen nicht nur die Beziehungen zwischen beiden Ländern verbessert werden, sagte AP-Chef Tom Curley zum Start vor zwei Jahren. Ziel sei vor allem aber auch, „objektiv und ohne Beeinflussung“ aus Nordkorea zu berichten. Dieses Vorhaben umzusetzen ist offensichtlich nicht so leicht.

Macht sich die Agentur zum Teil der Propaganda-Maschinerie?

Bereits bei der Personalauswahl musste sich AP an die Vorgaben staatlicher Stellen halten, berichtete das US-Magazin „The Wire“. Eingestellt werden durften demnach nur nordkoreanische Mitarbeiter – und zwar nur solche, die dafür vom Regime ausgewählt worden waren. Dass diese Mitarbeiter zu Kim Jong Uns Machtapparat gehören dürften, ist nicht schwer zu erraten.

Dennoch hält AP diesen Handel für lohnenswert. Kein einziges westliches Büro in dem Land zu haben, würde lediglich bedeuten, noch weniger Informationen aus Nordkorea zu bekommen, argumentiert die Agentur. Aber macht sich AP damit nicht automatisch zum Teil der nordkoreanischen Propaganda-Maschinerie?

Nein, ist AP-Sprecher Paul Colford überzeugt. Die Arbeit der beiden Mitarbeiter in Pjöngjang, des Journalisten Pak Won Il und des Fotografen Kim Kwang Hyon, werde nach den gleichen Regeln und Standards der Agentur überprüft wie die Arbeit anderer AP-Mitarbeiter auch, sagte Colford „The Wire“.

Die dpa will sich auf solche Bedingungen nicht einlassen

Tatsächlich lieferten Pak Won Il und Kim Kwang Hyon bereits exklusive Berichte, beispielsweise zu den Verhandlungen zwischen Washington und Pjöngjang über ein Abkommen, wonach Nordkorea für Lebensmittellieferungen auf Urananreicherungen verzichten sollte. Auch an einer Militärübung durften sie teilnehmen. Dennoch stehen solche Berichte immer unter dem Verdacht, die Wahrheit zu verzerren. Ob sich die Arbeit unter nordkoreanischen Bedingungen trotzdem weiterhin für AP auszahlt, dazu wollte sich Colford auf Anfrage nicht äußern. Auch ein Gespräch mit Pak Won Il war nicht möglich.

Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA verbreitete diese Woche ein Bild, dass Diktator Kim Jon Un angeblich beim Beobachten eine Raketentests zeigt.
Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA verbreitete diese Woche ein Bild, dass Diktator Kim Jon Un angeblich beim Beobachten eine Raketentests zeigt.

© AFP

Für die Deutsche Presse-Agentur (dpa) ist der Handel, auf den sich die AP eingelassen hat, inakzeptabel. „Eine freie Berichterstattung aus Nordkorea ist schlichtweg nicht möglich“, sagt dpa-Sprecher Christian Röwekamp. Das hätten auch die Korrespondenten in Peking und Seoul, Andreas Landwehr und Dirk Godder, bei ihren Besuchen in dem Land erfahren müssen. Wer sich dort als Journalist bewege, werde stets von staatlich abgestellten Aufpassern begleitet. Pjöngjang dürfe nicht ohne längere Voranmeldung verlassen werden. Gespräche mit Nordkoreanern, die nicht vorab vom Regime ausgewählt wurden, seien nicht möglich.

"Freie Recherche ist nicht möglich"

„Alleine auch deshalb, weil diese wiederum überwacht und durch Recherchen von Journalisten in Gefahr gebracht werden könnten“, erklärt Röwekamp. Auch die Bedingungen, nur vom Regime zur Verfügung gestelltes Personal beschäftigen zu dürfen, hält die dpa für nicht hinnehmbar. „Aufgrund dieser zahlreichen Einschränkungen planen wir keine Büroeröffnung in Nordkorea“, sagt Röwekamp. Dabei sei das Interesse der dpa-Kunden an dem Land besonders bei außenpolitischen Eskalationen groß. Um trotzdem über die dortigen Ereignisse informiert zu sein, würden die Korrespondenten in Seoul und Peking Nordkoreas Medien verfolgen, bei Gelegenheit selbst ins Land reisen und Gespräche mit Diplomaten und Mitarbeitern von Hilfsorganisationen führen.

Zumindest einen Abnehmer für ihre fleißig verbreiteten Bilder hat die nordkoreanische Agentur KCNA im Westen dennoch: Den Blog „Kim Jong Un looking at things“, der sich über die Inspektionen des Diktators lustig macht.

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