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Feiner Pinkel. Also, am Outfit wird es nicht liegen, wenn Moderator Jan Böhmermann mit seiner neuen Show „Neo Magazin Royale“ grandios scheitert.

© Ben Knabe/ZDF

"Neo Magazin Royale" mit Jan Böhmermann im ZDF: Berg und Tal – mit viel Tal

Das ZDF zeigt das "Neo Magazin" mit Jan Böhmermann nun auch im Hauptprogramm und hängt ein "Royale" an den Namen ran. Die erste Ausgabe zeigt: Die Sendung hat Potential, aber auch einige kolossale Baustellen.

Ist das geniale Zweitverwertung? Angst vor der eigenen Courage? Oder hat man es gemacht, weil man es halt einfach machen kann? Seit November 2009 gibt es ZDFneo. Ein Spartenkanal mit übergroßem Selbstbewusstsein, aber enorm vielen Sendewiederholungen aus dem gigantischen Mutter-Konzern-Archiv. Die Zuschauerakzeptanz - je nach Standpunkt saugut (ZDF-Verantwortliche) oder unterirdisch (das Privatfernsehen und Medienkritiker). Einer der wenigen selbstgemachten Inhalte, das "Neo Magazin", moderiert von Jan Böhmermann.

Jetzt hat sich das ZDF was enorm vertracktes ausgedacht. Das "Neo Magazin" wird weiter für ZDFneo produziert. Jeden Donnerstag um 22.20 Uhr dort gezeigt. Einen Tag später kommt es ins reguläre ZDF-Programm. In die schlafintensive Todeszone ab 0.00 Uhr. An den Namen wird ein "Royale" rangehängt. Es wurde ein größeres Studio spendiert. Dazu eine Liveband. Mit dem Deutsch-Rapper Dendemann. Und ein neuer Vorspann. Und damit ein wirklich gelungener Einstiegs-Gag.

Stand-Up ist nicht Jan Böhmermanns Welt

Der erste präsentierte Vorspann schaut aus, wie der von "Circus Halligalli". Natürlich mit dem neuen Sendenamen "Neo Magazin Royale". Statt Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf erscheint Jan Böhmermann. Der zweite Vorspann soll ausschauen wie der von der amerikanischen Nachrichtensatire "The Daily Show". Gezeigt wird der Vorspann der "Heute-Show". Das ist deshalb ziemlich witzig und clever, weil die "Heute-Show" auch eine mehr als nur ähnliche Adaption der "Daily Show" ist. Dann gibt’s noch den Vorspann der "Harald Schmidt Show". Stilecht mit französischem Akzent. Letztendlich entscheidet sich Böhmermann für einen gezeichneten Vorspann. Mit ihm als Actionheld. So selbstironisch, so selbstreferenziell könnte es ruhig weitergehen. Tut es aber nicht.

Wie bei jeder Late-Night-Show kommt jetzt der Stand-Up. Tagesaktualitäten witzig präsentiert. Da zeigt sich, das Böhmermann nicht mal der ganz ganz ganz ganz kleine Bruder von Harald Schmidt ist. Eher der Bruder von Anke Engelke. Stand-Up ist nicht seine Welt. Das Gag-Niveau, höhenmäßig nicht Alpen sondern Berg & Tal. Viel Tal. Beispiel 1: „Microsoft-Gründer Bill Gates will gemeinsam mit seiner Stiftung ein neues Superkondom entwickeln. Es soll so zuverlässig und sicher sein wie ein Windows-Betriebssystem. Bei Potenzproblemen ploppt sogar wieder Karl Klammer auf.“ Beispiel 2: „Der ZDF-Intendant muss neue Sendungen einfädeln. Mit Emma Schweiger und Johannes B. Kerner. Sebastian Edathy gefällt das.“ Aber es gibt auch einen verdammt guten Gag. Auf die Frage, was ein ganz schlechter Abklatsch von Markus Lanz sei, sieht man Böhmermann wie er Markus Lanz in seinem Talkstudio abklatscht.

Hatte das ZDF Angst vor einem Shitstorm?

Nach diesem Berg zieht sich die Sendung jetzt total ins Tal zurück. Es kommt ein voluminös langer und nichtssagend lauer Talk mit der Hip-Hop- und Electropunk-Band Deichkind. Wohl eine Parodie auf die üblichen PR-Plaudereien, aber so spannend und mitreißend wie eine Konversation im Lift. Die sonst im alten "Neo Magazin" präsentierten Rubriken wie „Prism is a dancer“, „Trendvulkan Mitte“, „Das digitale Quartett“ oder  „Schlimmer als Hitler?“ fehlen diesmal total. Hatte das ZDF Angst vor einem Shitstorm oder Bammel das Fernsehrat-Mitgliedern in Schnappatmung verfallen könnten? Fazit: Das "Neo Magazin Royale" hat Potential, aber auch einige kolossale Baustellen. Und so gut, das man es im Hauptprogramm um Mitternacht verstecken und versenden müsste, ist es auch noch nicht.

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