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„Sie ist eine Reisende wie ich“, sagt Katja Riemann über ihre Figur der Psychotherapeutin Emma Mayer, die einen Radio-Nachttalk à la Domian betreibt.

© dpa

Neue ARD-Reihe mit Katja Riemann: Emma und der Wolf

Kein "Bloch", schroffer, fixer und, logisch, weiblicher: Katja Riemann in ihrer ersten Reihen-Hauptrolle als Psychotherapeutin im Ersten.

Im gewöhnlichen Fernsehen wird mit Titelhelden nicht lange gefackelt. Oft ist schon nach wenigen Szenen klar, wen man da als Identifikationsfigur vor sich hat. Aber wer zum Teufel ist Emma Mayer? Zum Auftakt der ARD-Reihe „Emma nach Mitternacht“ betreibt sie einen kleinen Laden in Marrakesch. Katja Riemann als blonde Schönheit mitten im turbulenten arabischen Basarleben, das ist sehr malerisch.

Dann taucht in ihrem Laden eine Fremde auf, gespielt von Karoline Eichhorn. Irgendetwas passiert zwischen den beiden Frauen, die sich mehrfach treffen, auch mal auf einen Berg klettern und gemeinsam in die Ferne blicken. Was genau vor sich geht, erfährt man nicht, weil dieser Prolog fast ganz ohne Dialoge auskommt. Und wieso überhaupt Marrakesch? Am Ende des ersten Films „Der Wolf und die sieben Geiseln“ zweifelt man schließlich an allem. Ob Emma wirklich eine Psychotherapeutin ist. Und ob Emma überhaupt Emma heißt.

Der Südwestrundfunk (SWR) will mit der leicht nebligen Titelfigur an die „Bloch“-Reihe anknüpfen. Der verstorbene Dieter Pfaff hatte den Therapeuten Bloch als einen fachkundigen, warmherzigen Kümmerer gegeben. Und wenn auch vorerst vieles offen ist, eines kann man sicher sagen: Emma Mayer ist kein Bloch. Sie ist schroffer, fixer und, logisch, weiblicher. „Wir wollten eine beweglichere Figur, auch als Kontrast zu ,Bloch‘“, sagt Drehbuchautor Wolfgang Stauch.

Emma zweifle an der reinen Lehre, wolle auch mal mit dem Kopf durch die Wand. Katja Riemann, die hier das erste Mal eine Hauptrolle in einer TV-Reihe übernimmt, nennt Emma „eine Reisende wie ich“. Sie sei zugewandt und dennoch völlig autark, „wie ihr eigenes Königreich“. Das klingt beinahe so märchenhaft wie die Titel der einzelnen Filme, die auf Märchen als Quell tiefenpsychologischer Erkenntnis anspielen sollen. Emmas Habseligkeiten passen in einen einzigen Koffer, sonst ist die Größe ihres Königreichs noch schwer abzuschätzen.

Ein begossener Pudel im Büro des Redakteurs

Hinzu kommt eine Prise „Domian“. Bloch hätte sich niemals als Nacht-Talker vors Radiomikrofon gesetzt, Emma schon. Eben noch im heißen, bunten Marrakesch, steht sie nun im grauen, verregneten Mannheim wie ein begossener Pudel im Büro des Redakteurs Benno Heinle (Andreas Schmidt). Und kaum tritt die neue „Telefonistin mit Fachkenntnissen“ die Arbeit an, folgt bereits ihre Beförderung vors Mikrofon.

Denn als ein Mann anruft, der in einer Tankstelle Geiseln in seiner Gewalt hat, begeht die dem Alkohol zugeneigte Therapeutin Elisabeth Gira (Mechthild Großmann) Fahnenflucht. Der Geiselnehmer (Ben Becker) stellt nur die eine Forderung: „Ich will ins Radio.“ Wie herrlich unzeitgemäß. Heute muss eigentlich niemand mehr Geiseln nehmen, um seine Botschaft in die Öffentlichkeit zu bringen. „Ich will ins Facebook“ kann jeder.

Emma beschließt ohne Not, sich der Sache persönlich vor Ort anzunehmen. Womit erwiesen ist, dass sie selbst auch ein bisschen verrückt ist. In der Tankstelle entwickelt sich ein spannender Zweikampf, in dem Emma die Identität und die Motive des Geiselnehmers, der sich Wolf nennt, zu ergründen sucht. Sie bietet ihm ein Spiel an: Er solle ihr Fragen über sich selbst stellen und für jede richtige Antwort eine der Geiseln freilassen. Bei einer falschen Antwort zu viel droht Wolf allerdings mit dem Tod einer Geisel. Es ist ein faszinierendes Rätselspiel mit zwei Unbekannten, Emma und dem Wolf, das tatsächlich an Märchen erinnert. Wobei Emma nicht Teufels Großmutter zu Hilfe kommt, sondern ein verstecktes Mikro, das sie mit dem Einsatzleiter der Polizei (Uwe Preuss) verbindet.

Während mit „Bloch“ der Anspruch verbunden war, über psychische Erkrankungen und deren fachgerechte Behandlung aufzuklären, darf sich die Riemann’sche Emma freier durch das Feld menschlicher Abgründe bewegen. Zum Auftakt bietet der SWR im Ersten zwar einen ansehnlichen Geisel-Thriller, aber als eine weitere Krimi-Reihe will der Sender die „Emma“-Filme nicht verstanden wissen. In Folge zwei („Frau Hölle“, 8. Juni) bekommt es die Radiotherapeutin mit einer Frau zu tun, die aus Nachlässigkeit den Tod von mehreren Menschen verursacht haben soll und wenige Tage vor Prozessbeginn an Selbstmord denkt.

„Emma nach Mitternacht – Der Wolf und die sieben Geiseln“; ARD, Mittwoch, 20 Uhr 15

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