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Schwuler Sex. In der neuen Staffel der ZDF-Reihe „Make Love“ kommen auch die Beziehungs- und Sexprobleme schwuler Beziehungen zur Sprache. Ein Modellpaar gibt Hilfestellung.

© ZDF und Gebrüder Beetz

Neue Staffel "Make Love" im ZDF: "Wir haben endlich wieder Sex gehabt"

Liebe machen kann man lernen: Gespräch mit Moderatorin und Sexologin Ann-Marlene Henning über Mut, Hassmails von AfD-Seite und "wilde Paare".

„Make Love – Liebe machen kann man lernen“ läuft vom 12. Juli an mit vierter Staffel im ZDF. Welche Erfahrungen aus den bisherigen Produktionen fließen mit ein?

Wir sind mittlerweile ein eingespieltes Team und können deswegen noch entspannter arbeiten, das ganze „Drumherum“ stört also immer weniger. Ich kann wirklich in Ruhe mit dem Paar reden. Alles andere ist auch optimiert, von den Vorgesprächen über den Schnitt bis zu den Sprachaufnahmen im Studio. Das Ganze bringt einfach für alle mehr Spaß, das werden die Zuschauer merken!

Die Aufklärungsreihe lebt sehr davon, dass sich Herr und Frau Normal vor der Kamera offen und ehrlich über ihr problematisches Sex- und Beziehungsleben äußern. Ist das Casting der Protagonisten für Sie und die Gebrüder-Beetz-Produktion über die Jahre einfacher geworden?

Nein. Verständlicherweise mögen sich nicht jeder Mann und jede Frau so ehrlich im Fernsehen zeigen. Übrigens machen wir kein Casting, sondern es melden sich Paare, wir schauen uns ihre jeweilige Problematik an, und wenn es passt, wird alles besprochen und vorbereitet, dann drehen wir los!

Nach welcher Formel werden die Themen einer Staffel gemischt?

Ich werde mal ehrlich sein: Es richtet sich vollkommen nach den Paaren, die sich melden. Selbst wenn ein Thema sich wiederholen sollte, wie zum Beispiel in dieser Staffel das Thema weiblicher Orgasmus, gibt es immer die Möglichkeit, anders oder tiefer in das Thema zu steigen.

Das ZDF war sehr offen und mutig

Wann hat das ZDF mal Nein gesagt, nach dem Motto: Heute packt Frau Henning ihre Penis- und Vulva-Modelle nicht aus, heute übt das Modellpaar keine neuen Grifftechniken?

Mein Regisseur und die Redakteure beim ZDF diskutieren die Themen aus. Zum Glück habe ich damit herzlich wenig zu tun, denn ich würde mich dabei ohnehin aufregen, weil so viele Köche ... Bisher habe ich aber (fast) jeden inhaltlichen Wunsch erfüllt bekommen, das ZDF war sehr offen und mutig. Ich kann mit den Paaren arbeiten, so wie ich es auch in meiner Praxis tun würde. Allerdings entscheide ich manchmal von mir aus, bestimmte Dinge vor laufender Kamera nicht zu erfragen oder zu sagen, auch werden gewisse Szenen, die besonders emotional oder direkt waren, nicht reingeschnitten.

Müssen Sie die Problem-Dosis erhöhen plus die gezeigten Praktiken von Staffel zu Staffel steigern, damit die Aufmerksamkeit des Publikums nicht sinkt?

In keinem Fall. Über so etwas denke ich gar nicht nach, interessant aber, wie Sie auf die Frage kommen, ich wusste gar nicht, dass unsere Problem-Dosis erhöht ist! Es geht ausschließlich darum, welche Problematiken die Paare „mitbringen“. Ich habe es schon oft gesagt: Wir sind echt. Manchmal lehnen wir allerdings Paare mit zu „wilden“ Themen ab.

Ann-Marlene Henning, geboren 1964 in Viborg, ist Sexologin, Paartherapeutin und Bestsellerautorin. Sie ist geschieden, hat einen Sohn und lebt mit ihrem Partner in Hamburg.
Ann-Marlene Henning, geboren 1964 in Viborg, ist Sexologin, Paartherapeutin und Bestsellerautorin. Sie ist geschieden, hat einen Sohn und lebt mit ihrem Partner in Hamburg.

© ZDF und Gebrüder Beetz

In der letzten Folge der neuen Staffel spricht ein schwules Ehepaar von seinen Sex-Problemen. Rechnen Sie mit Zuschauerprotesten?

Ja. Es gibt immer Menschen, die große Vorurteile haben gegen alles, was nicht in ihr enges Blickfeld passt, umso mehr wenn es dabei um Sexualität geht; darunter leiden dann andere.

Gehört sexuelle Vielfalt auf den Lehrplan?

Ja, die Frage stellt sich für mich nicht.

Es gibt Proteste von der AfD

Wie zu hören ist, ärgern sich nicht wenige AfD-Sympathisanten über „Make Love – Liebe machen kann man lernen“. Beeindrucken Sie solche Reaktionen?

Ja, sie machen mich traurig und zeigen noch deutlicher, wie wichtig Aufklärungsarbeit ist. Diese Einstellung zur Sexualität – zum Beispiel, dass Kinder asexuelle Wesen sind (also dass Sexualität erst in der Pubertät anfängt) oder, dass bei Erwachsenen alles „wie von selbst klappt“, weil angeboren und natürlich – sind wissenschaftlich längst überholt. Besonders die Beschimpfungs- und Hassmails direkt an mich machen deutlich, wie intolerant und wenig reflektiert die Argumentation von gewisser Seite ist. Die einseitige Sicht der AfD-Sympathisanten regt mich also eher an weiterzumachen.

Wenn Sie eine ehrliche Bilanz ziehen wollen: Wie vielen Paaren konnten Sie tatsächlich helfen?

Ich habe mit kaum einem Paar im Nachhinein gesprochen, kann die Frage trotzdem positiv beantworten, denn jedes Gespräch bringt eine Entwicklung. Ich mache mir aber nichts vor: Es ist eher die Frage, ob sich Paare nach der Sendung weiter mit ihren Themen auseinandersetzen. Tatsache ist zum Beispiel, dass viele, generell gesehen, nicht ehrlich miteinander reden, besonders nicht über Sex und damit verbundene Probleme. Nach den Gesprächen für „Make Love“ tun die Paare aber genau das, das ist schon ein wichtiger erster Schritt. Zuschauer schreiben uns übrigens auch: „Wir haben endlich wieder Sex gehabt, gleich nach der Sendung!“

Wie viele Staffeln braucht es noch, bis die wesentlichen Sex- und Beziehungsprobleme der Deutschen beseitigt sind?

„Brauchen“ wäre das falsche Wort, „beseitigt“ auch. Wir könnten noch etliche Themen behandeln und würden damit noch lange nichts beseitigen, wir informieren, den Rest müssen die Leute schon selber machen. Wir überlegen gerade noch sechs weitere Folgen zu drehen, danach mache ich dann eine lange Pause! Versprochen!

„Make Love – Liebe machen kann man lernen“, ZDF, Dienstag, 22 Uhr 45, Mittwoch 23 Uhr 15; weitere Folgen am 19. und 20. Juli

Ann-Marlene Henning, geboren 1964 in Viborg, ist Sexologin, Paartherapeutin und Bestsellerautorin. Sie ist geschieden, hat einen Sohn und lebt mit ihrem Partner in Hamburg.

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