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Medien: Neues aus Bergisch-Sizilien

Der Wuppertaler Sumpf ist längst nicht trockengelegt. Ohne Scheu betreiben Journalisten Lobbyarbeit für Kunden der eigenen PR-Agentur

Von Andreas Kötter

Als die „Westdeutsche Zeitung“ („WZ“) am vergangenen Sonnabend auf der dritten Seite in einem kleinen Kasten die Leserschaft darauf hinwies, dass das Blatt nunmehr mit Friedrich Roeingh, 41, wieder einen Chefredakteur hat, konnte zumindest für den Leser in Wuppertal der Eindruck entstehen, dass die Zeitungs-Welt in der bergischen Metropole wieder in Ordnung sei. Schließlich musste die „WZ“, deren Mantel- Teil in Düsseldorf produziert wird, aber auch Lokal-Redaktionen in Krefeld, Niederrhein und eben in Wuppertal unterhält, einige Wochen lang ohne ersten Mann auskommen. Der Girardet-Verlag, zu dem die Zeitung gehört, hatte vor einigen Wochen seinen Chefredakteur Michael Hartmann „beurlaubt“ (der Tagesspiegel berichtete). Die Wuppertaler Staatsanwaltschaft hatte zuvor gegen Hartmann Ermittlungen aufgenommen. Untersucht wird, ob Hartmann bei Immobilien-Deals „redaktionelle Unterstützung“ geleistet hat, wodurch der Gemeinnützigen Wuppertaler Wohnungsbaugesellschaft (GWG) ein Schaden von mehr als 15 Millionen Euro entstanden sein soll. Zudem war der 53-Jährige mehrere Jahre stiller Teilhaber der Wuppertaler PR-Agentur Klaus GmbH Public Realtions, die gerne der lokalen Presse zuarbeitet (so auch der „WZ“) und zum Beispiel auch die Presse-Arbeit für die GWG erledigt hat. Schon das Bekanntwerden dieses Sachverhaltes hatte den Ruf der „WZ“ und des Girardet-Verlages nachhaltig geschädigt, so dass sich die Geschäftsführung gezwungen sah, in Sachen Hartmann zu handeln.

Verblüffend ist, dass man dem ersten Schritt nicht den zweiten folgen lässt, also auch beim ebenfalls zum Giradet-Verlag gehörenden Anzeigenblatt „Wuppertaler Rundschau“ personelle Konsequenzen zieht.

Dabei gäbe es eine ganze Menge Erklärungsbedarf, scheint doch, vorsichtig formuliert, nicht alles, was bei der „Wuppertaler Rundschau“ geleistet wird, den ethischen Grundsätzen des Journalismus zu genügen. So konnte die Wuppertaler Staatsanwaltschaft nachweisen, dass der Geschäftsführer des Anzeigenblattes, Rainer Wolff, einen ehemaligen Leiter der Wuppertaler Diakonie bestochen hatte, damit dieser in der regelmäßig erscheinenden Senioren-Beilage „Evergreen“ in ungewöhnlichem Umfang Anzeigen schaltete. Das Verfahren gegen Wolff wurde allerdings mittlerweile gegen Zahlung einer bestimmten Summe eingestellt, er gilt daher als nicht vorbestraft. Ebenso wenig strafrechtlich relevant ist zunächst, dass zwei Redakteure der „Wuppertaler Rundschau“, Peter Klaus und Roderich Trapp, gleichzeitig Geschäftsführer der oben erwähnten PR-Agentur sind. Unter ethischen Gesichtspunkten scheint das fragwürdig und widerspricht dem Kodex des Deutschen Presse-Rates.

Dort heißt es unter Ziffer 7: „Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken.“

Und unter Ziffer 15 steht zu lesen: „Die Annahme und Gewährung von Vorteilen jeder Art, die geeignet sein könnten, die Entscheidungsfreiheit von Verlag und Redaktion zu beeinträchtigen, sind mit dem Ansehen, der Unabhängigkeit und der Aufgabe der Presse unvereinbar. Wer sich für die Verbreitung oder Unterdrückung von Nachrichten bestechen lässt, handelt unehrenhaft und berufswidrig.“

Diese journalistischen Regeln scheinen den beiden Doppelfunktionsträgern offensichtlich nicht geläufig zu sein. Wie sonst könnten sie auf der Web-Seite ihres Unternehmens, www.klaus-pr.de , ganz offen bekennen: „Wir kennen uns aus in der Medienlandschaft. Als Journalisten sind wir im Redaktionsalltag zu Hause. Wir wissen, was unsere Journalisten-Kollegen wollen“. Und sie versprechen im Mikro-Kosmos Wuppertal bis dato offensichtlich auch nicht zu viel, wenn sie damit werben: „Ihre PR-Story wird deshalb von uns nicht nur recherchiert und produziert, sondern auch platziert.“

Ob und inwiefern auch die „Wuppertaler Rundschau“ in die Affäre um die GWG verstrickt ist, das wird sich möglicherweise in den nächsten Wochen zeigen. „Wir sind, was den Gesamtkomplex ,GWG’ betrifft, mit unseren Ermittlungen noch lange nicht am Ende“, sagt Oberstaatsanwalt Alfons Grevener. Grevener befürchtet aber auch, „dass manches bei Ermittlungsende verjährt sein könnte“.

Die Geschäftsführung des Girardet-Verlages jedenfalls scheint abwarten zu wollen. Man habe zum Thema „Rundschau und mögliche personelle Konsequenzen“ nichts zu sagen, ließ man auf Anfrage des Tagesspiegel mitteilen.

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