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Ralph Herforth heißt eigentlich Ralph Schwachmeier.

© picture-alliance/ dpa

Nomen est omen: Herr Schwachmeier aus Herford

Es soll besser klingen und Türen öffnen: Viele Schauspieler wollen ihre Karrierechancen durch Künstlernamen verbessern. Das gelingt nicht immer.

Rahul Chakraborty will einen anderen Namen. Weniger kompliziert, sympathisch, vor allem sehr deutsch soll er klingen: Max Fröhlich, das passt doch, denkt er sich und verschweigt fortan oft, wie er wirklich heißt. Nicht, weil er etwas zu verbergen hat. Im Gegenteil. Er will alle Facetten von sich zeigen. Aber gerade dafür braucht er ein Pseudonym.

Rahul Chakraborty ist Schauspieler. Geboren wurde er in Berlin, den Nachnamen hat er von seinem indischen Vater, genau so wie die schwarzen Haare und den dunklen Teint. „Als Rahul Chakraborty wird man beim Casting nicht für eine Rolle als Erich, Thomas oder Sascha vorgeschlagen“, sagt der 26-Jährige. Er will aber beweisen, dass ein Ali genauso gut ein Anton sein kann. Um gegen die gängigen Besetzungschemata anzugehen, packt er sich selbst per Pseudonym von einer Schublade in die andere.

So wie Chakraborty legen sich viele Schauspieler, Sänger und Moderatoren Künstlernamen zu. Sie glauben, damit ihre Karriere beeinflussen zu können. Alleine, weil ein hübsch und unkompliziert klingender Namen vermutlich besser zu merken ist. In Hollywood werden deshalb nicht nur Brüste und Bäuche, sondern auch Namen gestrafft: aus Margaret Hyra ist Meg Ryan geworden, Nicholas Kim Coppola nennt sich Nicolas Cage, seine Kollegin Demetria Gene Guynes wurde als Demi Moore bekannt.

Dass man auch ohne Buchstabendreherei Karriere in Hollywood machen kann, beweisen Schauspieler wie Thomas Kretschmann oder Christoph Waltz. Aber selbst Künstler, die sich auf den deutschen Markt konzentrieren, nehmen ein Pseudonym an. Einerseits, um den Namen zu vereinfachen, wie Vassiliki Papathanasiou, die als Vicky Leandros Karriere machte. Insbesondere jedoch, weil Namen Assoziationen wecken – und scheinbar fürchten sich manche Künstler vor den falschen. Würde ein Ralph Schwachmeier Rollen als Bösewicht oder Womanzier bekommen? Und ein Bruno Eierund den Job als cooler Kommissar „Balko“? Die beiden Männer riskieren lieber nichts, sie nennen sich Ralph Herforth und Bruno Eyron.

Die Rechnung geht offenbar so: Wer einen Namen hat, der smart und sexy klingt, darf Rollen spielen, die smart und sexy sind, wer einen geheimnisvollen Namen hat, bekommt die geheimnisvollen Parts. Damit die Taktik aufgeht, dürfen die echten Namen möglichst nicht bekannt werden. Viele Künstler suchen sich ihr Pseudonym aus, bevor sie ihre Karriere starten. Ralph Schwachmeier hat sich von seiner Geburtsstadt Herford inspirieren lassen, Diane Heidkrüger ließ das Deutschklingende gleich weg, als Diane Kruger ist sie ein Star in Hollywood.

Seit dem 1. November dürfen Pseudonyme wieder neben dem Geburtsnamen in den Personalausweis eingetragen werden. Künstler hatten gegen eine Gesetzesänderung von 2007 protestiert, mit der die Eintragung abgeschafft worden war. Wer ein Pseudonym eintragen will, muss nur nachweisen, dass er Künstler ist. Nicht akzeptiert werden Pseudonyme, die erkennbar verfassungsfeindlich oder diffamierend sind, heißt es von der Berliner Senatsverwaltung für Inneres.

Harmloser als Max Fröhlich geht es kaum. Rahul Chakraborty hat den Namen aber erst mal nicht in seinen Ausweis geschrieben, sondern über seinen Lebenslauf. Schon während seiner Ausbildung am Max-Reinhardt-Seminar, der berühmten Schauspielschule in Wien, hatten ihm Dozenten zu einem Künstlernamen geraten. Dabei ist Chakraborty gar nicht so schwer auszusprechen: „Scha-kra-borty“. Aber es ging ihm ja nicht allein um die Aussprache seines Nachnamens, sondern auch um die Assoziation.

Wenn er sich als Max Fröhlich vorstellt, hört er oft: „Ein schöner Name, der passt ja zu ihnen“. Trotzdem kommt er gegen das Schubladendenken der Caster nicht an. Im Kinofilm „Hangtime – Kein leichtes Spiel“ bekommt er eine der Hauptrollen – allerdings nicht den Part von Georg oder Manni, sondern den von Ali. In der ZDF-„Küstenwache“ spielt er zwar einen Sascha – bekommt aber einen indisch klingenden Nachnamen verpasst. „In der Branche wird extrem nach Typen besetzt“, sagt Chakraborty. Knapp eineinhalb Jahre geht er als Max Fröhlich zu Castings für Film, Fernsehen und Theater, wohl fühlt sich dabei aber nie. „Es ist ein bisschen so, als ob man seine Identität verleugnen würde“, sagt er. Vor sieben Monaten hat er seinen Künstlernamen abgelegt. Noch früh genug, er steht am Anfang seiner Karriere und sein Pseudonym hat sich bei vielen Zuschauern und Castern nicht allzu tief eingebrannt.

Chakrabortys Beispiel zeigt, dass Namen oft weniger Einfluss haben, als viele Künstler womöglich glauben. „Ob ein Schauspieler eine Rolle bekommt oder nicht, liegt sicher nicht an seinem Namen“, bestätigt Mechthild Holter von der Agentur Players. Viele junge Schauspieler wie Nora Tschirner, Matthias Schweighöfer, Franz Dinda legen sich erst gar kein Pseudonym zu. Daniel César Martín Brühl González Domingo verkürzt seinen Namen lediglich auf Daniel Brühl, Nora Waldstätten genehmigt sich nur ein „von“ und Christian Ulmen sagt: „Wozu brauche ich ein Pseudonym. Christian Ulmen ist doch der schönste Name der Welt.“

Chakraborty hat gerade ein Engagement am Theater im österreichischen Graz, in „Hamlet“ spielt er die Rolle des Laertes. Dafür beworben hat er sich unter seinem richtigen Namen.

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