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Mehr Einfluss? Emmanuel Macron hält an seinem Plan fest, die Rundfunkgebühr von jährlich 138 Euro durch eine Finanzierung über den Staatshaushalt zu ersetzen.

© AFP

Öffentlich-rechtliche Sender in Frankreich: Keine Gebühr, mehr Kaufkraft

Staatspräsident Emmanuel Macron will den Rundfunkbeitrag in Frankreich abschaffen.

Es soll eins der ersten Wahlkampfversprechen werden, das der französische Präsident Emmanuel Macron nach seiner Wiederwahl und der Abstimmung zur Nationalversammlung umsetzt: die Abschaffung des Rundfunkbeitrags. Damit möchte Macrons Regierung die Kaufkraft der Französinnen und Franzosen in Zeiten steigender Preise und Inflation stärken. Zwar ist nach den Parlamentswahlen unklar, ob und wie schnell sein Gesetz zur Kaufkraftstärkung, in dem die Abschaffung beschlossen werden soll, wirklich kommen kann. Macron hat nur eine relative Mehrheit erhalten und ist noch am Ausloten, in welcher Form – ob in einer Koalition oder mit wechselnden Mehrheiten – er regieren wird.

Doch die Beschäftigten von France Télévisions und andere Branchenbeschäftigte kritisieren die Pläne. Sie sorgen sich um die zukünftige Finanzierung, die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien und um eine mögliche Umstrukturierung. Mehrere Gewerkschaften haben für kommenden Dienstag einen Streik bei den öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehnetzwerken Radio France und France Télévisions angekündigt.

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Jeder französische Haushalt, der einen Fernseher oder ein ähnliches Gerät besitzt, muss – mit Ausnahme von Sozialhilfeempfängern – in Frankreich jährlich 138 Euro als Rundfunkgebühr bezahlen. Das sind knapp 80 Euro weniger als in Deutschland, wo der Betrag bei jährlich etwa 220 Euro liegt. Bislang ist die Abgabe in Frankreich an die Wohnsteuer gebunden, deren Abschaffung für 2023 bereits beschlossen ist. Ähnlich wie in Deutschland werden die Beiträge auf die öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehanstalten sowie das audiovisuelle Nationalarchiv INA aufgeteilt. Auch Arte, gemeinsam von Deutschland und Frankreich finanziert, erhält aus diesem Topf einen Teil seines Budgets.

Wahlkampfversprechen

Bei seinem Wahlkampfauftakt Anfang März hatte Macron angekündigt, die Gebühr im Falle seiner Wiederwahl abschaffen zu wollen. Auch die konservativen Républicains sowie die rechtsextremen Kandidaten Marine Le Pen und Eric Zemmour hatten sich im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen dafür ausgesprochen. Mit dem Unterschied, dass Le Pen und Zemmour einen Großteil der Sender auch privatisieren wollten.

Am vergangenen Dienstag nach einer möglichen Privatisierung gefragt, betonte die neue Kulturministerin Rima Abdul Malak, die auch für die Medien zuständig ist: „Das ist absolut nicht unser Projekt.“ Der Präsident habe seine Unterstützung für einen starken und unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk bekräftigt, sagte Malak.

Trotzdem ist die Sorge bei den Betroffenen groß. „Macrons Entscheidung ist in Wirklichkeit der erste Akt einer bevorstehenden Privatisierung“, schrieb kürzlich der Drehbuchautor und Produzent Jacques Kirsner in einem Gastbeitrag für die Zeitung „Le Monde“, in dem er die Abschaffungspläne stark kritisierte.

Finanzierung aus dem Haushalt

Macron hatte im Wahlkampf in Aussicht gestellt, dass das Budget für die Sender künftig über einen mehrjährigen Finanzierungsplan, der im Haushalt festgelegt wird, gewährleistet werden könnte. Kritiker fürchten, dass das die Unabhängigkeit gefährden könnte. Die Politik könnte dann, so die Sorge, den Geldhahn je nach Zufriedenheit auf- oder zudrehen.

Die Gewerkschaft CFDT France Télévisions, die rund 14 000 Beschäftigte vertritt, plädiert deswegen auch für die Zukunft für einen universellen, zweckgebundenen Beitrag wie in Deutschland. Diese zweckgebundene Finanzierung sei notwendig, um „im Kampf gegen Fake News führend zu bleiben und einen anspruchsvollen und unabhängigen Journalismus zu verteidigen“, schreibt die Gewerkschaft.

Dann ist da die Sorge nach einer größeren Umstrukturierung und Zusammenlegung verschiedener Sendeanstalten. Ein kürzlich veröffentlichter Senatsbericht, ausgearbeitet von zwei Senatoren der konservativen „Républicains“, hatte dafür plädiert, die öffentlich-rechtlichen Anstalten von France Télévisions, Radio France, France Médias Monde und das Archiv INA zusammenzulegen. Die Präsidentin von Radio France sprach sich dagegen aus. Die Schaffung eines öffentlichen Konglomerats werde weder zu mehr Effizienz noch mehr Beweglichkeit führen, sagte sie.

Macron will mit Republikanern zusammenarbeiten

Wohin die Debatte führen wird, ist derzeit noch völlig offen. Es wird auch maßgeblich von der künftigen Regierungskonstellation abhängen. Sollte Macron tatsächlich, wie es als wahrscheinlich gilt, für viele Gesetzesvorhaben mit den konservativen Republikanern zusammenarbeiten. Dann könnte die Abschaffung der Rundfunkgebühr bald entschieden werden. Eins lässt sich jedenfalls absehen: Sie werden mit dem Widerstand vieler Beschäftigter rechnen müssen.

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