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Medien: Olé

Bauer-Verlag will mit „Matador“ Leser und Anzeigenkunden bei den Hörnern packen

Manchmal sind auch große Pressehäuser wie kleine Kinder. Als vor gut einem Jahr die Lizenz für den deutschen „Playboy“ vom Bauer-Verlag zu Burda wechselte, ging es zwischen den beiden zu wie auf dem Kindergarten-Vorhof. Du hast mir mein Spielzeug weggenommen? Mir doch egal, war eh doof. Ich bau’ mir ein Neues. Das wird viel toller als das alte Schrottding …. Bei Bauer ließ man den „Playboy“ lustlos auslaufen. Von Burda wird seither kolportiert, die Vorgänger hätten am Ende nicht nur die Auflage schwindsüchteln lassen, sondern auch die Abonnentenkartei mitgenommen. Seit einem Jahr erscheint der „Playboy“ nun mit wechselhaftem Erfolg bei Burda. Und Bauer hat ein eigenes Männermagazin entwickelt. Das liegt von heute an im Kiosk und trägt den Stierkämpfer-Namen „Matador“. Etwas für harte Männer halt.

Chefredakteur ist Stefan Gessulat. Er war auch „Playboy“-Chef, als der noch bei Bauer erschien. Davor schrieb er für diverse Lifestyle-Titel und machte als Vizechef von „Für Sie“ seine Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht. Im Jahr 2000 glückte ihm der Wechsel zum „Playboy“. Für Gessulat brach die Zeit an, in der er selbst ein wenig in den Mittelpunkt rückte, für TV-Boulevardmagazine zu Schönheitsidealen befragt wurde und auf Empfängen auch schon mal im besten Bunny-Style einen rosa Anzug trug. In seinem Büro im Süden Münchens sitzt der 42-jährige Sauerländer im dunkelblauen Nadelstreifenanzug mit rosa Krawatte, die Glatze blank poliert. So sieht er also aus, der Mann, der den Satz „Männer wollen’s wissen“ zum „Matador“-Slogan gekürt hat.

Namenlose Anti-Promis

Vor allem „überdurchschnittlich gebildete, moderne und vielseitig interessierte Männer“ von 20 bis 49 sollen sich von „Matador“ angesprochen fühlen. Mindestens 150 000 Exemplare zum Preis von vier Euro will der Verlag im Zwei-Monats-Rhythmus verkaufen, womit sich „Matador“ zwischen „Playboy“ (262 000 Exemplare) und „GQ“ (138 000) seinen Markt sucht. Mit dem Ergebnis ist Gessulat, in seinem Temperament mehr kühler norddeutscher Kopf als luftiger Südländer, „sehr zufrieden“. Herausgekommen sind 186 Seiten, verteilt auf die Ressorts: Autos, Erotik, Technik, Sport, Mode und Wissen. Auf dem Titel spreizt statt einer A-, B- oder C-Klassen-Prominenten Industriekauffrau Sandra die Beine. Namenlose Antipromis tauchen bei „Matador“ öfter auf. „Wir wollen nicht nur glitzernde Lifestyle-Oberflächen ablichten, sondern auch über real people und ihre Geschichten erzählen,“ sagt Gessulat. Den berühmten „zweiten Blick“ will er mit dieser Strategie provozieren, „den Entdecker im Manne“ wecken. Dadurch werde das Heft wärmer und lebendiger.

Zumindest der erste „Matador“ ist kein allzu heißblütiger Kämpfer: Die Inspirationen dürften reicher, die Überraschungen größer sein. Der frivole Kolumnisten Kurt Molzer, zum Jahreswechsel stolz vom Konkurrenten „GQ“ abgeworben, ist denn auch schon wieder dem Weg zu seinem früheren Arbeitgeber. Man blättert sich durch die Interviews mit Gerhard Berger und Klaus Augenthaler oder bleibt bei den Beauty-Tipps für Männer wegen der verunglückten Überschrift „Schnelles Spül“ hängen, denn da gibt’s „erfrischende Aussichten für alle, die beim Duschen auf die Tube drücken“. So wird in „Matador“ über weite Zeilen getextet – orgiastisches Lesevergnügen stellt sich da nicht ein.

Doch wer weiß schon, was Männer heutzutage wirklich wissen wollen? Gessulat ist sich sicher, „mit Matador eine große Bandbreite der Interessen des modernen Mannes zu bedienen“. Womit er sich seiner Meinung nach auch von den Wettbewerbern wie „FHM“, „Men’s Health“, „Maxim“, „Playboy“ und „GQ“ absetzen kann.

Für den Bauer Verlag hat „Matador“ in erster Linie eine strategische Bedeutung. Es soll wieder eine Schneise ins Hochwertsegment geschlagen werden, dorthin also, wo sich die Anbieter von Luxusprodukten, Kosmetik und Mode immer mehr für die männliche Zielgruppe begeistern und ihre Etats im Umfeld gediegener redaktioneller Beiträge loswerden wollen. Für Letzteres ist das Verlagshaus nicht gerade bekannt. Auch wenn sich der Titel „Maxi“ unbemerkt zu einem passablen Frauenmagazin entwickelt hat und das neue Wissensmagazin „Horizonte“ gehobene Ansprüche erfüllen soll. Seine Millionen verdient Verleger Heinz Bauer mit Blättern wie „TV Movie“, „Praline“ und „Coupé“. Nicht gerade Prada-würdig.

Oliver Roth, Geschäftsführer der Mediaagentur Pilot, die sich um die Vermittlung von Anzeigenkunden in ein optimales Werbeumfeld bemüht, sagt: „Der Bauer Verlag hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er das Thema Männerunterhaltung erfolgreich besetzen kann“. In diesem dicht gedrängten Markt sei „Matador“ ein „mutiges Projekt“. Die entscheidende Frage sei, „inwieweit der Anzeigenmarkt mit einem eher unüblichen Zwei-Monats-Rhythmus geknackt werden kann.“ Immerhin 44 verkaufte Anzeigenseiten stecken im ersten „Matador“.

Vielleicht sind die Werbekunden allerdings auch nur einem kleinen Missverständnis der „Matador“-Leute aufgesessen. Denn der Präsentationsmappe, die im Vorfeld an die potenzielle Anzeigenkundschaft ausgehändigt wurde, lag ein weißes Taschentuch bei, das mit dem Text versehen war: „Damit verlangt das Publikum nach dem Kampf Trophäen für den erfolgreichen Matador.“ In der echten Stierkampf-Arena, weiß der Spanien- Reisende, gilt das weiße Taschentuch als Gnadengesuch des Publikums für den Stier. Das Taschentuch sollte Gessulat bis auf weiteres also lieber in der Hose stecken lassen.

Simon Feldmer

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