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Auch beim RBB wurde bei Rankings getrickst.

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Update

Passend gemacht III, IV und V: Auch RBB, WDR und HR haben bei Rankings getrickst

Die Bekenntniswelle rollt weiter: Nach ZDF und NDR gestehen auch WDR, RBB und HR Manipulationen. Im öffentlich-rechtlichen System wird systematisch betrogen.

Der Betrug war doch systemisch, im öffentlich-rechtlichen System. Nach dem ZDF, dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) haben am Dienstag auch der Westdeutsche Rundfunk (WDR), der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und der Hessische Rundfunk (HR) Manipulationen bei sogenannten Rankingshows eingestanden.

Die Prüfung beim WDR habe ergeben, „dass die Redaktion bei zehn von insgesamt 111 Sendungen in den Jahren 2008 bis 2014 in die Reihenfolge eingegriffen hat, weil das Online-Voting entweder verzerrt war oder nicht zu klaren Ergebnissen führte“, teilte der Sender mit. Veränderungen der Reihenfolge aus dramaturgischen Gründen habe es in keinem Fall gegeben.

Bei vier Sendungen – wie zum Beispiel „Die beliebtesten Bauwerke in Nordrhein-Westfalen“ vom Januar 2011 oder „Die beliebtesten Fußballvereine aus NRW“ (Juni 2011) – hätte es kurzzeitige massive Klick-Aktionen von Nutzern gegeben, die rechnerisch wieder ausgeglichen worden seien. Bei weiteren Sendungen beteiligten sich nach WDR-Angaben nur sehr wenige Zuschauerinnen und Zuschauer am Voting, weswegen es zu Gleichständen auf den hinteren Plätzen gekommen sei. In diesen Fällen sei bewusst eine zusätzliche Publikumsbefragung bei einem Institut in Auftrag gegeben worden oder die Redaktion habe für die Reihenfolge der hinteren Plätze weitere journalistische Kriterien wie beispielsweise statistische Werte herangezogen.

Der WDR nannte die Korrekturen am Voting „eindeutig journalistisch begründet“, die dem Publikum gegenüber transparent gemacht werden müssen. „Dass dies versäumt wurde, bedauert der WDR ausdrücklich.“ Die Programmverantwortlichen würden nun an neuen Konzepten sowie neuen Auswahlinstrumenten und Kriterien für Ranking-Sendereihen im WDR Fernsehen arbeiten. Fernsehdirektor Jörg Schönenborn hat jetzt entschieden, dass bei künftigen Staffeln solcher Formate wie zum Beispiel „Hitlisten des Westens“ auf Online-Abstimmungen verzichtet werde. Mit merkwürdigem Stolz meldet die größte ARD-Anstalt, dass im Gegensatz zu den Manipulationen für die ZDF-Show „Deutschlands Beste!“ die Ranking-Sendungen im WDR Fernsehen allerdings nicht auf repräsentativen Umfragen beruhten, sondern auf Online-Votings.

Der RBB gab sich Ende vergangener Woche noch gewiss, dass in seinen Sendungen keine Manipulationen stattgefunden hätten. Am Dienstag folgte die Korrektur. Danach hat es im RBB Fernsehen in den vergangenen Jahren zweimal Änderungen bei der Reihenfolge einer Zuschauerabstimmung gegeben. „Wir haben unsere Fernseh- und Radiovotings umfassend überprüft. Dabei haben wir bis auf zwei Ausnahmen keine Unregelmäßigkeiten feststellen können. 2013 stimmte bei den beiden 45-minütigen Sendungen ,21 Dinge, die man in Berlin erlebt haben muss’ und ,21 Dinge, die man in Brandenburg erlebt haben muss’ die ausgestrahlte Reihenfolge nicht mit dem Abstimmungsergebnis überein“, sagte Heiner Heller, Programmbereichsleiter „Neue Zeiten“ laut einer Pressemitteilung. Alle 21 zur Wahl stehenden Beiträge sind laut Heller in der Sendung zu sehen gewesen, allerdings nicht in der Abfolge, die sich die rund 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Online-Abstimmung gewünscht hatten. Die zuständige Redaktion habe eine andere Sendedramaturgie für wirkungsvoller gehalten und daher die Reihenfolge verändert. „Wenn wir das Publikum abstimmen lassen, muss das Ergebnis gelten. Die beiden betroffenen Sendungen sind deshalb für eine weitere Ausstrahlung gesperrt und aus unserer Mediathek entfernt“, sagte Heller.

Der HR teilte mit, bei der 2011 ausgestrahlten Sendung „Die beliebtesten Klassiker des Kinderfernsehens“ sei das Ergebnis verändert worden, weil es „kurz vor Abschluss des Online-Votings noch einmal eine auffällig massive Stimmabgabe für ein Format gegeben hat“. Außerdem seien aus dramaturgischen Gründen zwei Plätze getauscht worden. Auch bei den Sendungen „Geniale Verbindungen - Hessens spannendste Brücken“ und bei der Sendung „Die beliebtesten Stimmungslieder“ sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen. HR-Intendant Helmut Reitze bedauerte laut epd die Vorfälle. Die redaktionellen Eingriffe hätten dem Publikum transparent gemacht werden müssen, sagte er. Allerdings seien sie nicht mit denen beim ZDF vergleichbar, da nicht mit Meinungsforschungsinstituten zusammengearbeitet worden sei und kein Anspruch auf Repräsentativität erhoben wurde. Die Geschäftsleitung entwickle jetzt einen verbindlichen Leitfaden und klare Transparenzregeln für den Umgang mit Online-Abstimmungen.

Noch haben sich nicht alle ARD-Sender zu der Causa geäußert, aber einer ist bereits in die weiße Weste geschlüpft. Der Südwestrundfunk weiß von keinerlei Unregelmäßigkeit. Joachim Huber

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