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Klaus Brinkbäumer muss die Chefredaktion des "Spiegel" verlassen.

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Update

Personalwechsel beim Nachrichtenmagazin: "Spiegel"-Chef Brinkbäumer abgesetzt - Steffen Klusmann kommt

Erst seit 2015 war Klaus Brinkbäumer als "Spiegel"-Chefredakteur im Amt. Nun wird er ersetzt durch Steffen Klusmann, der derzeit das "Manager Magazin" führt.

Als Angela Merkel im November 2005 zur Bundeskanzlerin gewählt wurde, regierte im „Spiegel“ noch Stefan Aust als Chefredakteur. Merkel führt das Land weiterhin, aber beim Hamburger Nachrichtenmagazin werden die Amtszeiten in der Chefredaktion immer kürzer. Nach dem Ende der Ära Aust übernahmen das Chefredakteurs-Duo Georg Mascolo/Mathias Müller von Blumencron (demnächst Mitglied der Tagesspiegel-Chefredaktion) im Mai 2008 die Geschäfte, für beide kam im September 2013 Wolfgang Büchner, der wiederum im Januar 2015 von Klaus Brinkbäumer abgelöst wurde.

Jetzt muss der 51-Jährige gehen, künftig führt Steffen Klusmann die Redaktion an der Hamburger Ericusspitze. Klusmann arbeitet seit 2013 als Chefredakteur des „Manager Magazins“, das ebenfalls in der Spiegel-Gruppe erscheint. Er war stellvertretender Chefredakteur beim „Stern“ und davor Chefredakteur der bei Gruner + Jahr erscheinenden „Financial Times Deutschland“, die im Dezember 2012 eingestellt wurde, sowie bei „Capital“ und „Business Punk“.

Die neue Führung übernimmt im Januar 2019

Mit dem 52-jährigen Klusmann wird eine komplett neue redaktionelle Führung beim „Spiegel“ etabliert. Seine Stellvertreter werden Barbara Hans, „Spiegel Online“-Chefredakteurin, und Ullrich Fichtner, der bislang als Reporter für das Hamburger Nachrichtenmagazin arbeitet. Beide werden künftig den Titel „Chefredakteurin/Chefredakteur“ tragen. Das neue Team soll die Leitung im Januar 2019 übernehmen, pünktlich zum Start einer gemeinsamen Redaktion von „Spiegel“ und „Spiegel Online“. „Wir sind sicher, dass die integrierte ,Spiegel‘-Redaktion eine wichtige, vielleicht die wichtigste Rahmenbedingung dafür ist, die Unabhängigkeit des ,Spiegel‘ zu erhalten“, sagte Spiegel-Geschäftsführer Thomas Hass.

Die neue Chefredaktion wird überdies der Unternehmensleitung angehören, die ebenfalls umgebaut wird. Neben Chefredaktion und Geschäftsführer gehören dann mit Felix Blum, Anja zum Hingst und Stefan Ottlitz auch die Verantwortlichen der Bereiche Organisationsentwicklung, Markenentwicklung und Kommunikation sowie Produktentwicklung der Unternehmensleitung an.

Klaus Brinkbäumer soll seine Absetzung mit den Worten kommentiert haben: „Diese Entscheidung kann ich nicht nachvollziehen.“ Mit ihm wird es Gespräche über eine neue Aufgabe beim „Spiegel“ geben. Die Abberufung von Brinkbäumer wollte der Dortmunder Zeitungsforscher Horst Röper zwar nicht kommentieren, er erinnert aber an den dramatischen Auflagenverlust des Nachrichtenmagazins, „der aktuell sogar noch stärker ausfällt als zuvor“. Zwar sei fraglich, inwieweit der Chefredakteur im insgesamt rückläufigen Markt daran etwas ändern könne, doch am Ende werde er dafür verantwortlich gemacht. In den vergangenen drei Jahren sank die verkaufte Auflage des „Spiegel“ von 823 000 auf 705 000 Exemplare. Zusammen mit den Verlusten im Anzeigengeschäft ergaben sich daraus 2017 Mindereinnahmen von elf Millionen Euro.

Nach Doppelspitze und zwei Solisten nun eine Pyramide

Die Verzahnung von Print und Online hatten bereits Mascolo und Müller von Blumencron in Angriff genommen. Auch deren Nachfolger Wolfgang Büchner tat sich schwer damit, die beiden getrennt arbeiteten Redaktionen stärker miteinander zu verbinden. Nach einer Doppelspitze und zwei Solisten soll es nun eine Führungspyramide mit Klusmann an der Spitze richten.

Zu seinen Aufgaben wird die weitere Umsetzung der Sparvorgaben gehören. Klusmann gilt als Mann mit Respekt vor Zahlen. Ende 2015 hatte Spiegel-Geschäftsführer Thomas Hass die „Agenda 2018“ bekannt gegeben. Sie sieht den Abbau von 149 von 727 Stellen vor, davon 35 in den Redaktionen. So sollen jährlich 15 Millionen Euro eingespart werden.

Was die Online-Reichweite betrifft, sah es für „Spiegel Online“ zuletzt wieder etwas besser aus. Im Juli verzeichnete „Spiegel Online“ bei den Unique Usern ein Plus von 0,8 Prozent und zog im Agof-Ranking mit 21,1 Millionen Unique Usern wieder knapp an Bild.de vorbei.

Eine Großbaustelle sind die bezahlten Online-Inhalte von Spiegel+. Im Mai war die Neustrukturierung der Paid-Content-Inhalte bekannt gegeben worden. Einzeltexte, Wochenpässe und das „Spiegel Daily“-Abo wurden abgeschafft, seither gibt es die Spiegel+-Monatsflatrates.

Das Führungstriumvirat steht vor der Aufgabe, in vier Monaten eine neue Redaktionsstruktur auszuarbeiten, die den „Spiegel“ nicht auseinanderreißt. Als "größte Strukturreform in der Geschichte des Magazins", so bezeichnet auch die Mitarbeiter KG – sie hält 50,5 Prozent der Verlagsanteile – die anstehende Umstrukturierung, für die ein Gesamtzeitraum von mindestens fünf Jahren veranschlagt wird. Danach soll die Trennung in Print und Online komplett der Geschichte angehören. Alle Mitarbeiter soll danach beim gleichen Verlag angestellt sein und der KG angehören, inklusive Mitbestimmungsrechten und Gewinnorientierung - was bislang nur für die Print-Beschäftigten galt.

Klaus Brinkbäumer wird als exzellenter Journalist und Reporter gelobt, für den anstehenden Prozess, in dem es um Führungsstärke, Entscheidungskraft und das Denken in Strukturen geht, sei er jedoch der falsche Mann gewesen. Darin war sich die KG mit Gruner + Jahr, dem zweitgrößtem Anteilseigner, offensichtlich einig – inklusive der Augstein-Erben.

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