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© dpa

Polit-TV: Seifenoper, Sexkitzel

Eine geplante Fernsehserie über die Kennedys sorgt für Aufregung in den USA

Es gibt weder einen Sendetermin, noch wurde eine einzige Minute gefilmt. Nicht einmal die Rollen sind vergeben. Doch eine geplante Fernsehserie mit Namen „The Kennedys“ über die Präsidentschaft von John F. Kennedy sorgt bereits für Aufregung in den USA. „Rufmord“ schimpfen die Kritiker. Nicht nur wegen der mangelhaften Akkuratesse des Manuskripts für die achtteilige Miniserie, mehr als alles andere bringt sie der Produzent, Joel Surnow, auf. Surnow hat sich nämlich nicht mit Historiendramen einen Namen gemacht, sondern mit der populären Thrillerserie „24“. „24“, von Rupert Murdochs konservativem Fernsehsender Fox produziert, ist umstritten, da sie Folter als Verhörmethode sanktioniert.

Surnow selbst ist ein ausgesprochener Konservativer, der Rundfunkpolemiker wie Rush Limbaugh zu seinen Freunden zählt und den Wahlkampf von George W. Bush unterstützte. Wie um alles in der Welt, so fragen seine Kritiker, will ein solcher Mann einer Politdynastie gerecht werden, die in den USA einen ähnlichen Status genießt wie die königliche Familie Englands?

Den Aufstand gegen Surnow führt Robert Greenwald an, ein streitbarer Filmemacher, der kritische Dokus über den Kabelsender Fox News und den Irakkrieg drehte. „The Kennedys“ sei eine Seifenoper, die „sexistischen Kitzel“ befriedige und „historisch inakkurat“ sei, urteilte Greenwald gegenüber der „New York Times“. Greenwald möchte, dass der „History Channel“ die Miniserie kippt. Druck will Greenwald über das Internet ausüben. In einem elfminütigen Video-Beitrag im Netzportal Youtube, lässt Greenwald fünf angesehene Historiker zu Wort kommen. Nach deren Urteil enthält das Manuskript zahlreiche Sachfehler, manche harmlos und leicht korrigierbar, andere schwerwiegender.

So nimmt das Drehbuch Bezug auf eine angebliche Wahltagsbefragung, zu einem Zeitpunkt, als es noch gar keine „exit polls“ in den USA gab. Es wird behauptet, dass die Berliner Mauer ursprünglich eine Idee von Kennedy gewesen sei, und dass dieser, ein Katholik, einmal aus Wut ein Kreuz von der Wand gerissen und übers Knie gebrochen hätte.

„Das hat und hätte es nie und nimmer gegeben“, meint David Nasaw, ein Professor für Amerikanische Geschichte an der City University of New York. Theodore C. Sorensen, ein ehemaliger Berater Kennedys, fällt ebenfalls ein vernichtendes Urteil: „Keines der Gespräche mit dem Präsidenten im Oval Office oder anderswo, an denen ich nach dem Skript teilgenommen haben soll, haben je stattgefunden.“

Empörung lösen auch Referenzen zu Kennedys scheinbar unersättlichem Sexleben aus. So lässt sich Kennedy vermeintlich ungerührt von einem Mitarbeiter über einen Bericht seines Sicherheitsberaters McGeorge Bundy informieren – während er in einem Pool einem Liebesspiel mit einer jungen Frau namens Judy nachgeht.

Auch fragt er in Surnows Manuskript seinen jüngeren Bruder Robert F. Kennedy, was er tue, wenn er geil sei. JFK’s angebliches Heilmittel gegen Migräne: regelmäßiger Sex mit Frauen, die nicht seine Gattin sind.

Greenwald findet diese Stellen „erniedrigend“, da sie Kennedy zu einer „ekelhaften Figur“ reduzieren. Er hat bereits mehr als 40 000 Unterschriften für eine Petition gegen eine Ausstrahlung der Serie, für die 30 Millionen Dollar veranschlagt sind, gesammelt.

Die Produzenten vom „History Channel“ nennen Greenwalds Vorwürfe „lächerlich“ und „ohne Hand und Fuß“, da dieser sich auf eine alte Fassung berufe. Drehbuchautor Stephen Kronish, ebenfalls früher für „24“ tätig und nach eigenem Bekunden ein „Linksliberaler“, betont, dass alle privaten Szenen verbürgt seien. Kronish hält die Kritik für politisch motiviert, da „Joel (Surnow) zum konservativen Spektrum zählt“.

Der Streit um „The Kennedys“ erinnert an einen Film über Ronald Reagan 2003. Er missfiel damals den Republikanern, und CBS verzichtete auf eine Ausstrahlung. „The Reagans“ war schließlich – zensiert – auf dem Kabelsender Showtime zu sehen.

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