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Gereizt. Der Kommissar (Charly Hübner, r.) und Sohn Sami (Jack O. Berglund).Foto: NDR

© dpa

"Polizeiruf" aus Rostock: Noch mal mit Gefühl

Wenig Werbung für Rostock: Bukow und König ermitteln im "Polizeiruf" des NDR weiter in düsteren Landschaften. Wie lange ist der Mauerfall her?

TV-Krimi-Drehbuchregel Nummer Eins: Vergiss’ das Privatleben der Kommissare nicht. Drehbuchregel Nummer Zwei: Pack’ ein starkes gesellschaftliches Thema an. Regel Nummer Drei: Der Mordfall sollte dabei aber noch schlüssig genug sein. Daran hat sich schon mancher „Tatort“ und „Polizeiruf“ verhoben. Der neueste Fall der Rostocker Ermittler Bukow (Charly Hübner) und König (Anneke Kim Sarnau) ist leider auch nicht das beste Beispiel dafür, wie man es packend schreiben und inszenieren kann.

Der „Polizeiruf“ des NDR ist ja eh dafür bekannt, schwierige gesellschaftliche Milieus aufzugreifen. Hooligan-Gewalt, Rechtspopulismus, Stasi-DDR-Vergangenheit. Dieses Mal dreht es sich um ein weniger bekanntes Thema: Kinder und Jugendliche, die an Pflegefamilien im Ausland gegeben werden. Involviert sind überforderte Heimmitarbeiter und überlastete Jugendämter, deren fragwürdige Praktiken durch den Mord am Leiter eines dubiosen Kinderheims in den Fokus der Ermittlungen geraten.

Vielleicht sollte das Rostocker Fremdenverkehrsamt mal beim NDR vorstellig werden

Ungewöhnlich schnell ist für den Zuschauer klar, wer der Täter ist, Heimbewohner Keno (grandios: Junis Marlon), der regelmäßig mit dem Leiter aneinander geraten war und nun verschwunden ist. Mit ihm unterwegs ist Samuel (Jack Owen Berglund), Sohn von Kommissar Bukow. Die Jungen machen sich auf den Weg nach Polen. Bukow und Kollegin König hinterher. Jener natürlich noch ein bisschen gereizter als ohnehin schon.

Es gibt schmerzhafte Bilder (Regie: Lars Jessen) in diesem Krimi, die schwer auszuhalten sind, und das Buch (Christina Sothmann, Lars Jessen und Elke Schuch) hat durchaus logische Schwächen. Vielleicht sollte auch das Rostocker Fremdenverkehrsamt mal beim NDR vorstellig werden. Kaum eine Stadt im deutschen TV-Krimi wird so düster gezeigt. Außen- und Innenräume sehen aus, als ob der Mauerfall erst fünf Jahre her ist. Keine Sonne nirgends. Über weite Strecken wird polnisch gesprochen.

Dazu der Fall von Ermittler/Vater Bukow, dem seine Probleme mit Ex-Frau, pubertierendem Sohn und Kollegin König aus heiterem Himmel über den Kopf wachsen; auch wegen seiner Unfähigkeit, über Probleme und Gefühle zu sprechen. Diese schimanskihafte Attitüde als grummelnder Grundton des Krimis ist natürlich großartig.

Auch wenn dies nicht die stärkste aller Rostocker Ausgaben ist: Bukow und König bleiben eines der interessantesten Ermittlerteams im deutschen Fernsehkrimi.

„Polizeiruf 110 - Kindeswohl“, Sonntag, ARD, 20 Uhr 15

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