zum Hauptinhalt

Popcorn-Fernsehen: Pest an Bord

"Indiana Jones" aus Köln: RTL ruft zur „Expedition Arche Noah“ auf. Doch um die geht es in dem turbulenten Abenteuerfilm nur ganz am Rande.

Nur mühsam kommen die beiden in Lumpen gehüllten Kinder mit ihrem Esel im Schlepptau in der Wüstenlandschaft voran, bevor eine große Dunkelheit vor ihnen aufzieht. Ein gigantisches Schiff aus Holz – 300 Ellen lang, 50 Ellen breit und 30 Ellen hoch – ragt vor ihnen aus dem Nichts. Die Arche Noah, der Bibel zufolge Gottes Überlebenshilfe für Mensch und Tier, bildet den Hintergrund für den Abenteuerfilm „Visus“, den RTL am Donnerstag ins Programm gehoben hat.

Der Kölner Sender hat mit Popcorn-Fernsehen gute Erfahrungen gemacht. Selbst Summen wie die 4,3 Millionen Euro für diese 120 Minuten praller Unterhaltung sind gut investiertes Geld. Regisseur Tobi Baumann und Drehbuchautor Arne Sommer haben nichts unversucht gelassen, um dem Zuschauer möglichst keine Zeit zum Atemholen zu lassen – einmal abgesehen von den Werbepausen. Vom Schwarzen Meer über München, die Türkei, Armenien, Italien und Frankreich geht die turbulente Reise. Vor allem eine wilde Verfolgungsjagd durch die engen Straßen von Eriwan kann es mit jedem Kinofilm aufnehmen.

Der TV-Film basiert auf dem Roman „Visus“ von Richard Hayer. Der deutsche Schriftsteller ist Physiker und arbeitet als Manager in einem internationalen Konzern in Berlin. Für den Abenteuerfilm hat die Arche, einmal vom Titel abgesehen, nur eine untergeordnete Bedeutung. Viel wichtiger sind zwei andere Schiffe. Bei der „Atlantis“ handelt es sich um ein Bergungsschiff, dessen Besatzung und mit ihr die schöne armenische Wissenschaftlerin Anahit Sarian – gespielt von der Französin Julia Molkhou – auf der Suche nach der im 14. Jahrhundert gesunkenen „Catherine“ ist. Das Schiff soll eine mystische Reliquie – „Das Auge Gottes“ – geladen haben. Aber auch ein anderer Passagier befand sich an Bord: die Pest. Anahit entkommt der tödlichen Bedrohung und einem bewaffneten Killerkommando, das der Chef eines christlichen Geheimordens auf das Bergungsschiff angesetzt hat, nur um Haaresbreite. Doch die Gefahr für die Menschheit ist damit längst nicht gebannt.

Im Kampf gegen Krankheit und religiöse Eiferer bleibt Anahit nicht allein. Ihr zur Seite steht der Kunstjäger Robert Kästner (Stephan Luca). Sein Onkel ist der kauzige deutsche Theologieprofessor Sörensen, der Anahit aufs Schwarze Meer geschickt hatte. Darsteller Michael Gwisdek ist es zu verdanken, dass die mitunter recht abstruse Geschichte durch seinen verschrobenen Humor nicht überdreht. Die dankbare Rolle des Bösewichts als Glaubenskrieger Clement de Lusignan hat Jean-Yves Berteloot übernommen, der bereits in „Da Vinci Code“ in ähnlicher Funktion zu sehen war. Auch darüber hinaus ist der Film bis in die Nebenrollen ausgezeichnet besetzt, was insbesondere für Hilmi Sözer („Meine verrückte türkische Hochzeit“) in der Rolle des treuen Helfers Hayk Sherian gilt sowie für Tayfun Bademsoy („Tatort“, „Ein starkes Team“) als beherzten türkischen Kommissar.

Der Titel des Film bezieht sich übrigens auf den mittelalterlichen Maler Visus, der mit bürgerlichem Namen Piero della Francesca hieß. In Hayers Roman hatte der italienische Maler geheime Botschaften in seine Madonnenbilder eingebaut, und auch im Film spielen solche Hinweise eine gewichtige Rolle.

Alles in allem enthält „Visus – Expedition Arche Noah“ ein wenig von Dan Browns „Sakrileg“, etwas Indiana Jones als „Jäger des verlorenen Schatzes“ und auch ein paar Anleihen aus anderen erfolgreichen Event-Filmen wie „Der Bibelcode“ oder „Das Jesus-Video“ sind unverkennbar – und dem Publikum in dieser gelungenen Form sicherlich willkommen.

„Visus – Expedition Arche Noah“, RTL, Donnerstag, 20 Uhr 15

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false