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Tatort

© NDR

Porträt: Das Beste am Norden

Als coole Polizeipsychologin lockt Maren Eggert Kommissar Borowski alias Axel Milberg aus der Reserve. Im Sommer kommt die Schauspielerin ans Deutsche Theater nach Berlin.

„Feuerwehrmänner haben’s gut. Die wissen immer, wo es hin geht.“ Es sind manchmal Kleinigkeiten, die einen „Tatort“ vor all den anderen, die Woche für Woche laufen, herausheben. Die schlagen einen Ton an, der Kiel zum Beispiel interessanter erscheinen lässt als München, Berlin oder Hamburg. Der Satz mit den Feuerwehrmännern stammt von Kommissar Klaus Borowski alias Axel Milberg, der sich im „Tatort“ heute Abend auf die Suche nach einem Kindermörder macht und sich dabei mehrmals um die eigene Achse drehen muss. Von wegen heile Welt. Dass Borowski bei dieser Geschichte nicht umfällt, dafür sorgt die Frau an seiner Seite, Polizeipsychologin Frieda Jung, gespielt vom Theaterstar Maren Eggert – eine der schönsten Nebenhauptrollen im deutschen Fernsehen. Eine der schönsten deutschen Schauspielerinnen überhaupt. Und ein Neuzugang am Deutschen Theater in Berlin.

Auf die Besetzung, auf diese Figurenkonstellation musste man ja erst mal kommen: Als der neue NDR-„Tatort“ 2003 aus der Taufe gehoben wurde, ließ man den Kieler Kommissar mit Borderline-Charakter von einer Kollegin therapieren. Zwischen zwei Verhören legte sich Borowski im Kommissariat auf die Couch. Klar, dass das zwischen den beiden irgendwann knistern musste, klar, dass die Psychologin Jung (!) irgendwann wichtige Hinweise zum Fall geben konnte, und klar auch, dass das Team Jung/Borowski zu einem der interessantesten Assistenten-Ermittler-Paare im deutschen Fernsehkrimi geworden ist.

Mit Knistern. Zwölf Folgen geht das schon so. „Ich mag dieses Beziehungsgeplänkel durchaus“, sagt Maren Eggert. Das gehöre dazu. „Es darf in einer Geschichte nur nicht überhand nehmen.“ Das tut es in „Borowski und die heile Welt“ (Buch: Elke Schuch, Marc Blönbaum; Regie: Florian Froschmayer) auf gar keinen Fall. Die Leiche eines ermordeten siebenjährigen Mädchens weist ältere Verletzungen auf. Es gibt genug Verdächtige im Umfeld der Familie: einen jungen, unter Pädophilieverdacht stehenden Kellner, den offenbar zu Gewaltausbrüchen neigenden Vater, dessen Restaurant vorm Ruin steht, seine Ex-Freundin, sogar die eigene Oma und die hochschwangere Mutter (grandios: Katharina Wackernagel).

Mittendrin, am Abgrund der Seele: Polizeipsychologin Frieda Jung. Scharfsinnig, kühl, mitunter zickig. Sie versucht ebenso hartnäckig, Licht ins Dunkel der Familie zu bringen wie einen urigen Kommissar zu therapieren, oder zumindest aus der Reserve zu locken. Gern nutzt die Jung Begriffe wie „posttraumatische Bewusstseinsstörung“oder „Stressreaktion“. Den Borowski hat sie in fünf Jahren „Tatort“ damit fast geheilt. „Die Therapie ist mittlerweile abgebrochen“, sagt sie. Naja, das finde eher auf einer anderen Ebene statt. Borowski bittet Jung in kniffligen Fragen um Rat, oder beide werden vom Chef zusammengeschmissen, weil sie gemeinsam ermitteln sollen. Das finde Borowski meistens nicht so gut. „Er schafft lieber alles alleine.“ Ganz im Gegensatz übrigens zum Menschen Axel Milberg, mit dem Maren Eggert „sehr gut“ klarkommt. „Wir sind eigentlich fast befreundet. Ich kenne ihn aus München. Als ich auf die Schauspielschule ging, war er an den Kammerspielen engagiert.“ Axel Milberg sei privat viel sonniger, „ein ganz freundlicher und lustiger Mensch“.

Mit der kühlen Schönen an Milbergs Seite ist Maren Eggert in den vergangenen zwei, drei Jahren deutschlandweit berühmt geworden. Kritik und Theaterpublikum feiern sie schon länger. 1974 in Hamburg-Bergedorf geboren, studierte sie nach dem Abitur an der Otto-Falckenberg-Schule, bekam ein Engagement am Schauspielhaus Bochum, hatte ihren Durchbruch mit Botho Strauss’ „Groß und Klein“ und gehört seit 2000 zum Ensemble des Hamburger Thalia-Theaters. Mit dessen Intendanten Ulrich Khuon geht sie im Sommer nach Berlin ans Deutsche Theater, spielt in Schillers „Die Räuber“ in diesen Tagen beim Berliner Theatertreffen mit. Beim Umzug begleiten wird sie ihr Lebensgefährte Peter Jordan. Der Schauspieler kommt ebenfalls vom Thalia-Theater und gibt neuerdings im Hamburger „Tatort“ den Vorgesetzten des verdeckten Ermittlers Mehmet Kurtulus. Das Thema „Tatort“ also auch bei Maren Eggert zu Hause. Anfang 2007 wurde die Schauspielerin mit dem Ulrich-Wildgruber-Preis ausgezeichnet. Seit 2001 ist sie in vielen Filmen zu sehen, meist als ernste, zurückhaltende Frau, wie in „Das Experiment“, dem Psychodrama „Die Frau am Ende der Straße“, vor allem aber eben seit 2003 als Polizeipsychologin im Kieler „Tatort“.

Dieser Switch zwischen Theater und Fernsehen, man denke auch an Nina Hoss, ist äußerst fruchtbar. Und Maren Eggert hat mit ihrem minimalistischen Spiel, ihrer atemberaubenden Präsenz und ihrem Marianne-Hoppe-haften Gesicht etwas Besonderes: etwas aus der Zeit Gefallenes. Sie sei keine Schönheit wie tausendundeine andere, sondern die attraktivste Frau im Fernsehen, mindestens, eine hinreißende Mischung aus verhaltenem Abwägen, kindlichem Charme und großer Ernsthaftigkeit („Hamburger Abendblatt“). Die auch im privaten Gespräch angenehm zurückhaltend, fast schüchtern wirkende Schauspielerin kann mit solchen Sätzen nicht viel anfangen. „Ich bekomme halt öfters gesagt, dass ich auf eine bestimmte Art und Weise herausfalle. Ich mache aber nichts Bestimmtes. Ich scheine irgendwie“, sie überlegt lange, „ja, irgendwie so zu sein.“

Bei Schauspielern muss man ja immer aufpassen, sie nicht mit ihren Rollen zu verwechseln. Dennoch der Versuch: Wie viel Maren Eggert steckt denn in dieser coolen Polizeipsychologin? Ach ja, das sei immer so eine schwierige Frage. Alles, was Frieda Jung hat, sei bei ihr auch irgendwo da. „Ich grabe da bestimmte Seiten aus, die privat nicht so oft vorkommen, wie zum Beispiel das Eigenbrötlerische.“ Ob sich damit Jungs Kollege, der Dauerflirt und verhinderte Liebespartner Kommissar Borowski, doch noch zähmen lässt? Dazu schweigt Maren Eggert. Im 13. Kieler „Tatort“ erhält Frieda Jung erst mal ein sehr gut dotiertes Jobangebot aus der Schweiz. Jetzt muss sie nur noch wissen, wo es hingeht.

„Tatort – Borowski und die heile Welt“, Sonntag, ARD, 20 Uhr 15

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