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Frauke Petry, Parteivorsitzende der AfD, und ihr Lebensgefährte Marcus Pretzell, Landesvorsitzender der AfD in Nordrhein-Westfalen. Pretzells Sprecherin soll der gekündigte Journalist Beratungsangebote gemacht haben.

© Julian Stratenschulte/dpa

Presse und Rechtspopulisten: "Welt" schafft Streit mit gekündigtem Reporter aus der Welt

Ein Journalist schickte der AfD Polit-Konzepte, sein Arbeitgeber feuerte ihn. Vor Gericht einigte man sich - der Gekündigte fand sein Tun alltäglich.

Die Tageszeitung „Welt“ hat ihren Rechtsstreit mit dem gekündigten Reporter Günther Lachmann beigelegt, dem sie eine zu große Nähe zur AfD vorgeworfen hatte. Die Parteien einigten sich am Donnerstag vor dem Berliner Arbeitsgericht darauf, die Beschäftigung zum Juni zu beenden.

Der AfD-Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen Marcus Pretzell hatte im Januar über den Journalisten via Facebook behauptet, er habe sich der Partei als Berater auf Honorarbasis angedient. Die „Welt“ und Lachmann waren den Vorwürfen zunächst mit einer eidesstattlichen Versicherung entgegengetreten. Kurz darauf tauchten in der Zeitung „Junge Freiheit“ Zitate aus E-Mails auf, die Lachmann an Pretzells Pressesprecherin Kerstin Garbracht geschrieben haben soll. Unter anderem soll der Journalist 2015 ein Konzept übersandt haben, „wie die AfD ihr national-konservatives Stigma los wird“. Später habe er mit einem „Konzept für ein Manifest der Verantwortungsdemokratie“ nachgelegt. Aus den Mails ging allerdings nicht hervor, dass Lachmann, wie Pretzell behauptet, für ein künftiges regelmäßiges Zutun ein monatliches Honorar von 4000 Euro gefordert habe. Dennoch kündigte der Verlag dem Redakteur, der dagegen Klage erhob.

Vor dem Arbeitsgericht bestritten Lachmann und sein Anwalt die Echtheit der Schreiben nicht. Sie konnten darin aber kein Anbieten erkennen, die Partei beraten zu wollen. Vielmehr habe der Reporter nach dem Abgang des Parteigründers Bernd Lucke das Vertrauen der neuen Parteiführung erwerben wollen. Er sei einer der über die AfD „bestinformierten Journalisten“ gewesen, sagte Lachmann, was in seinem Haus „sehr geschätzt“ worden sei. Um dies zu erreichen, müsse ein Journalist „bestimmte Mittel anwenden“. Garbracht sei für ihn eine „Andockstelle“ gewesen, um in den Führungszirkel vorzudringen. Dergleichen sei „journalistischer Alltag“. Die Vertreter der „Welt“ warfen Lachmann fehlende Einsicht vor. Unabhängiger Journalismus sei ein hohes Schutzgut.

In der Verhandlung ließ die Richterin offen, ob sie in den Angeboten einen relevanten Pflichtenverstoß sieht. Allerdings hielt sie dem Kläger vor, seinen Arbeitgeber nach Bekanntwerden der Vorwürfe nicht sogleich über die E-Mails informiert zu haben. Er habe sich in einer „Grauzone“ bewegt und für den Verlag sei „viel Porzellan zerschlagen“. Lachman sagte, es habe keine Situation gegeben, um alles zu erklären. Er sei sofort mit einer möglichen Kündigung konfrontiert worden. Die Richterin zeigte dennoch Skepsis und drängte auf einen Vergleich, zu dem nun auch gehören wird, dem Reporter ein „wohlwollendes Zeugnis“ auszustellen.

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