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Norbert Lammert

© dpa

Pressefreiheit: Bundestagspräsident beklagt „Entertainisierung“.

Bundestagspräsident Norbert Lammert nimmt in einer Rede stellvertretend für seine Politikerkollegen eine Art Opferperspektive ein.

Die Pressefreiheit, heißt es seit 65 Jahren, wird „gewährleistet“. Einst bedeutete es Schutz vor Zensur und Staatswillkür, heute – eigentlich was? Der Zeitungsverlegerverband und die Bundeszentrale für politische Bildung haben die aktuelle Reichweite der Pressefreiheit bei einer Konferenz zur „DNA der Demokratie“ am Dienstag in Berlin neu vermessen. Juristisch haben wir sie gestärkt, meinen die Leute vom Fach. Der Cicero-Beschluss, der Redaktionen vor Durchsuchungen schützt, dazu Begleitgesetze – eine gute Bilanz, wie laut Umfrage auch mehr als 93 Prozent der Journalisten finden.

Nur sind die Herausforderungen heute andere. Es geht um Qualität und Vielfalt, für die es, so Hans-Jürgen Papier, Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts, keine Bestandsgarantie gäbe. „Geeignete Kartellgesetzgebung“ forderte der Jurist als Antwort auf Konzentrationsprozesse. Astrid Frohloff („Reporter ohne Grenzen“) beklagte nach wie vor Mängel bei Quellen- und Informantenschutz, bei der Pressefreiheit käme Deutschland traditionell nicht unter die globalen Top Ten. Justizminister Heiko Maas nutzte die Gelegenheit, Ängste der Journalisten vor dem im Zuge der Edathy-Affäre geplanten Gesetz gegen bloßstellende Bildaufnahmen zu zerstreuen. Es sei eine Maßnahme gegen Cyber-Mobbing unter jungen Leuten. „Für die Arbeit der Presse wird die Vorschrift zu keinen Veränderungen führen.“

Bundestagspräsident Norbert Lammert nahm in seiner Rede stellvertretend für seine Politikerkollegen eine Art Opferperspektive ein. Danach muss nicht die Presse gegen den Staat verteidigt werden, sondern der Staat gegen die Presse. Die „Entertainisierung von allem und jedem“ verdränge Informationsangebote, die internetgetriebene Schnelligkeit ginge vor Gründlichkeit, die Schlagzeile ersetze die Analyse – ein „deprimierend eindeutiger Befund“. Kein Widerspruch. Die Branche scheint gewohnt, dass über sie hergezogen wird.

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