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Hans Hege war von 1992 bis 2016 Direktor der Medienanstalt Berlin-Brandenburg.

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Privat-TV wird bei DVB-T2 Pay-TV: Wird die Fußball-EM auch künftig unverschlüsselt übertragen??

Zu den Folgen bezahlter Privat-Programme bei DVB-T2: Eine Position von Hans Hege, ehemaliger Direktor der Medienanstalt Berlin-Brandenburg

In allen großen europäischen Ländern und in den USA sind die wichtigsten privaten Fernsehprogramme unverschlüsselt und ohne Entgelt über Antenne zu empfangen. Das gehört zur Tradition des ältesten Fernsehübertragungswegs. Auch in Deutschland war die Abschaltung des analogen Fernsehens nur möglich, weil die privaten Veranstalter digital weiter machten und kein Entgelt vom Zuschauer bekamen.

Zum Gesamtbild gehört aber auch, dass in Deutschland private Fernsehprogramme anders als in den anderen Staaten über Satellit unverschlüsselt und frei empfangbar sind, was bei den baulichen Umständen in Berlin allerdings wesentlich weniger von Bedeutung ist als in Brandenburg.

Das Medienrecht verpflichtet private Veranstalter nicht, ihre Programme auch über Antenne zu verbreiten. Wegen der geringen Reichweite ist es der teuerste Übertragungsweg. Schon bei der Einführung des digitalen Antennenfernsehens vor 14 Jahren hatten viele mit dem baldigen Ausstieg der Privaten gerechnet. Der Erfolg bei den Zuschauern übertraf allerdings die Erwartungen. Jetzt waren die Privaten nur noch bereit, dabei zu bleiben, wenn sie Geld vom Zuschauer bekommen statt für die Übertragung zu bezahlen. Dafür bieten sie mit HD bessere Bildqualität, allerdings ohne die bei Kabel und Satellit dank Bundeskartellamt noch bestehende Option, in einfacher Digitalqualität ohne zusätzliche Kosten zu empfangen.

Privatsender wollten Frequenzen nicht einmal geschenkt bekommen

Die privaten Veranstalter wollten Frequenzen, für die Mobilfunkunternehmen bei Versteigerungen Milliarden bezahlen, nicht einmal mehr geschenkt bekommen, wenn damit die Verpflichtung verbunden worden wäre, frei und unverschlüsselt zu übertragen. Politische Priorität bei der Verteilung der Frequenzen hatte das mobile Internet im ländlichen Raum, nicht der zusätzliche Übertragungsweg in Ballungsräumen. Anders als 2003 bei der Einführung des Digitalfernsehens ist das Internet gerade in Ballungsräumen eine Alternative für die Verbreitung audiovisueller Inhalte, die an Bedeutung noch zunehmen wird.

Es ist grundsätzlich legitim, über die Terrestrik den Versuch eines „Kabel light“ mit weniger Programmen zu geringeren Kosten zu unternehmen, statt von vornherein darauf zu verzichten. Dass das mit wertvollem Frequenzspektrum subventioniert wird, könnte zu einer Wettbewerbsfrage werden, aber noch wird die besondere Rolle des Rundfunkspektrums akzeptiert. Die zentrale Rolle für den Erfolg haben die Verbraucher. 

Eine Grundsatzfrage für die Medienpolitik wird sich aber bei Kabel und Satellit stellen, die nach wie vor dominierenden Übertragungswegen. Wenn öffentlich-rechtliche Anstalten in absehbarer Zeit nur noch in HD verbreiten, wird es dann private Fernsehprogramme wie jetzt schon bei DVB-T 2 nur noch gegen Entgelt geben? Akzeptiert die Medienpolitik weiter den an den Reichweiten orientierten Verteilungsschlüssel, der die großen Veranstalter noch stärker macht, damit die Medienkonzentration fördert und die Entwicklung kleinerer Veranstalter und des lokalen und regionalen Fernsehens behindert?

Wer überträgt die Fußball-EM künftig unverschlüsselt?

Bleibt es bei der Verpflichtung, Großereignisse wie jetzt die Fußballeuropameisterschaft unverschlüsselt zu übertragen? Das würde die Ausgangsposition der öffentlich-rechtlichen Anstalten bei den Rechteverhandlungen stärken, weil nur noch sie dafür in Betracht kommen.

Wir werden eine weitere Erosion der Besonderheiten des Rundfunks erleben, bei der DVB-T2 nur ein kleiner Baustein ist. Die vielfältigen Fremiummodelle  des Internets mit ihrer Mischung aus freien und bezahlten Inhalten und der zusätzlichen Erlösquelle aus persönlichen Daten werden gegenüber der einfachen Welt des Rundfunks mit ihren ganzen Kanälen und der schlichten Alternative frei oder bezahlt an Bedeutung gewinnen.

Hans Hege

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