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Prosieben-Sat1-Media-AG: „Sat 1 ist und bleibt in Berlin“

Ein Gespräch mit Guillaume de Posch, dem Vorstandschef von Prosieben-Sat1, und N24-Chef Torsten Rossmann über Senderprofile, Leo Kirch und die Tour de France.

Ein Begriff geistert durch die Medienlandschaft: N24 plus. Was müssen wir uns darunter vorstellen?

ROSSMANN: Das ist der Projektname für die inhaltliche und technologische Neuerung und Erweiterung von N24. Keine Marke, sondern ein Kürzel. Wir arbeiten daran, N24 inhaltlich, multimedial und technologisch neu aufzustellen.

Was hat der Zuschauer davon?

Spätestens Anfang 2009 wird der Zuschauer unter der Marke N24 nicht ein Fernsehprogramm empfangen, sondern auch Nachrichten über Handy, Internet oder andere mobile Dienste bekommen. Wir machen N24 multimedial.

In naher Zukunft sehen wir also N24 auf allen Kanälen, allen Vertriebswegen der Senderfamilie Pro Sieben Sat 1?

Was war und bleiben wird: N24 liefert die Nachrichten für Pro Sieben, Sat 1 und Kabel Eins.

Herr de Posch, stört es Sie, dass Sie von jedem gefragt werden, warum im Hause Pro Sieben Sat 1 die Nachrichten nicht so gepflegt werden wie andere Bereiche?

Das entspricht nicht den Tatsachen. Als ich 2003 zur Senderfamilie gekommen bin, war meine erste Aufgabe zu entscheiden, ob N24 weitersenden wird. Damals machte N24 Verluste von über zehn Millionen Euro. Ich habe mich persönlich dafür eingesetzt, dass N24 weiterbesteht. Dass ich persönlich nicht an Nachrichten interessiert sein soll, ist einfach falsch. Ich habe das Gegenteil bewiesen.

Ist der Markt für Nachrichten nicht gesättigt?

ROSSMANN: Der Markt in Deutschland ist in der Tat stark besetzt. Es sind sieben Anbieter, die in diesem kleinen Segment im Wettbewerb stehen: N24, n-tv, Phoenix, Euronews, CNN, BBC World, Bloomberg. Und wir sind Marktführer.

Die ARD rüstet Eins Extra auf, das ZDF seinen digitalen Doku-Kanal. Wie wollen Sie diese Konkurrenz verhindern, Herr de Posch? Schreiben Sie Briefe?

Ich schreibe Briefe mit der Kernfrage: Bringen diese Sender dem Zuschauer einen entscheidenden Mehrwert? Bis dato haben ARD und ZDF pro Jahr rund zehn Millionen Euro für Eins Extra und ZDF Info aufgewendet. Um einen vernünftigen Nachrichtensender zu betreiben, brauchen Sie 50 Millionen Euro. Ist es also gerechtfertigt, dass ARD und ZDF, die bereits ein massives Angebot an Information haben, das Geld der Gebührenzahler für weitere teure Nachrichtensender ausgeben? Die Frage muss gestellt werden.

Wer unterstützt Ihre Position?

Vor allem unsere Zuschauer. Wir haben sechs Millionen Menschen, die über den Tag verteilt Nachrichten bei N24 sehen.

Die Zuschauer sind ihre indirekten Freunde. Wie schaut es mit den direkten, denen aus der Politik aus?

ROSSMANN: Wir stehen nicht alleine da. Ein Freund ist die Europäische Kommission, die ein sehr klares Verständnis davon hat, wie sich markt- und gebührenfinanzierte Sender zueinander zu verhalten haben. Das ist ein Argument, das die deutsche Politik ernsthaft prüfen sollte.

Jetzt wird erst einmal umgezogen. Wohin geht N24 in Berlin?

DE POSCH: Wir bleiben in Berlin Mitte. Damit liefern wir ein klares Bekenntnis zur Hauptstadt.

ROSSMANN: Wir haben im Moment zwei, drei Objekte in der engeren Wahl. Alle in der unmittelbaren Umgebung des Regierungsbezirks. Wir leben als Nachrichtensender davon, dass die Politik uns sehr einfach erreichen kann. Wir werden in den nächsten vier, fünf Wochen eine Entscheidung treffen.

Wie sieht es mit den anderen Sendern aus?

DE POSCH: Sat 1 ist und bleibt in Berlin. Wir haben langfristige Mietverträge für das Gebäude.

Leo Kirch ist wieder im Mediengeschäft. Seine Firma KF 15 beteiligt sich an EM.Sport Media. Was erwarten Sie vom alten Tycoon?

DE POSCH: Nach meinem Wissen war Leo Kirch schon an einigen Firmen beteiligt. Für uns wird sich nicht viel ändern. EM.Sport Media ist im Sportgeschäft tätig. Wir haben derzeit nur Rechte an der Champions League und dem Uefa-Cup.

Hat es Sie persönlich überrascht, dass Kirch zurückkehrt?

DE POSCH: Nein. Ich habe in der Presse gelesen, dass Dagmar Brandenstein und Dejan Jocic, der früher Geschäftsführer bei Pro Sieben war, zu Kirchs Team gestoßen sind. Das war für mich ein klares Indiz, dass Leo Kirch mehr will.

Wann kaufen Sie die Bundesliga?

DE POSCH: Natürlich werden wir uns diese Rechte anschauen, wer würde das nicht tun?

Sat 1 würde die Bundesliga gut stehen, der Sender hat wenig Profil.

DE POSCH: Es ist zu früh, um über die Bundesligarechte zu sprechen. Noch stehen die Paketierungen nicht fest. Sat 1 ist ein Erstliga-Sender, mit allen Formaten, die zu einem Vollprogramm gehören.

In der RTL Group ist die Hackordnung klar: Erst kommt RTL und dann kommt der Rest. Wie sieht das bei Ihnen aus?

DE POSCH: Wir sind eine Senderfamilie, in der die einzelnen Mitglieder sehr stark miteinander verbunden sind. Es gibt nicht die Nummer eins und die Nummer zwei. Beide Sender haben die Chance auf zwölf Prozent Marktanteil. Faktisch ist Pro Sieben derzeit die Nummer eins mit 11,8 Prozent, dann kommt Sat 1 mit 10,7 Prozent. Das kann sich wieder umdrehen. Wenn uns bei Sat 1 wieder ein Erfolg wie „Verliebt in Berlin“ gelingt, haben wir sofort ein Prozent mehr.

Was fehlt den Programmen?

DE POSCH: Ich bin immer sehr neidisch auf großen Sport bei der Konkurrenz. Fußball-EM, Fußball-WM, herrlich. Das ist ein wunderbares Programm, das wir als privatwirtschaftliche Sender über Werbung leider nicht refinanzieren können.

Ihnen bleibt immer noch die Tour de France 2008.

DE POSCH: Mal sehen, wann die Rechte auf den Markt kommen. Von einem Tag auf den anderen die Übertragung zu übernehmen, war ein Fehler.

Ihr Gesellschafter Axel Springer wittert nach der BGH-Entscheidung Morgenluft. Springer scheint Pro Sieben Sat 1 doch kaufen zu wollen.

DE POSCH: Springer ist mit zwölf Prozent Gesellschafter und ein wichtiger Partner bei uns. Und Springer-Chef Döpfner hat sein Interesse an einer möglichen Aufstockung seiner Anteile immer wieder formuliert.

Frohlocken auch Ihre Gesellschafter, die Finanzinvestoren KKR und Permira?

DE POSCH: Das müssen Sie Permira und KKR fragen.

Das Interview führten Joachim Huber und Tim Klimeš.

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