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Medien: Rächer für Königgrätz

Der Verleger der Wiener „Kronen-Zeitung“ will die WAZ-Deutschen loswerden

Königgrätz, Juli 1866. Der letzte Krieg zwischen Österreich und Deutschland endet schmählich für Wien, es wankt des Donaukaisers Krone.

Wien, Januar 2003. Ein neuer Krieg ist entfacht, ein Zeitungskrieg diesmal. Während sich die Deutschen einreden, sie könnten ihn „in beiderseitigem Einvernehmen“ lösen, sieht der Wiener Oberbefehlshaber bereits „Tote auf der Bühne liegen“. Österreichs „Krone“ triumphiert, das WAZ-Imperium wankt?

Hans Dichand, der knapp 82 Jahre alte Herrscher über Österreichs „Kronen-Zeitung“ und damit über die öffentliche Meinung des Landes, hat tatsächlich von einem Krieg gesprochen: Die WAZ, zu 50 Prozent an der äußerst lukrativen „Krone“ beteiligt, macht dem Patriarchen das Recht streitig, seinen Sohn Christoph als Chefredakteur zu installieren. Dichands Jüngster sei „Jurist und kein Journalist“, deswegen „halten wir ihn nicht für geeignet, diese schwierige Aufgabe und Nachfolge anzutreten“, teilt die WAZ mit. Dichand senior behauptet, den angekündigten rechtlichen Schritten sehe er gelassen entgegen. Vertraglich sei er auf der sicheren Seite.

Am allerliebsten, sagt der alte Herr, würde er die Anteile der WAZ zurückkaufen, „sofort, mit Handkuss und zum Überpreis“. Die Deutschen sind die einzigen, die Dichands Kreise stören. Die WAZ, sagt Dichand, habe „immer ein bisschen die Tendenz, einzugreifen", obwohl die Verträge ihr keinen Einfluss zugestünden. Die WAZ wiederum, seit zehn Jahren bei der „Kronen-Zeitung“ engagiert und zu 49,4 Prozent auch am Massenblatt „Kurier“ beteiligt, das über die gemeinsame Vertriebsfirma Mediaprint mit der „Krone“ verbunden ist, will von ihrer reichen österreichischen Beute nicht lassen. Den Rückkauf seiner Anteile könne sich Dichand „aus dem Kopf schlagen", sagen die WAZ-Geschäftsführer Lutz Glandt und Erich Schumann.

Während die Öffentlichkeit von Hans Dichand vieles weiß, kennt den Sohn außerhalb seiner engeren Umgebung niemand. Fotos? Nur eines, sieben Jahre alt. Öffentlich wurde sein Name nur im Zusammenhang mit vermögensmehrenden Ankäufen prominenter Wiener Immobilien genannt. Taucher, Segler, Porschefahrer und – ganz der Vater – Gemäldesammler soll Dichand junior sein. Zeitungsartikel hat er keine verfasst. Trotzdem soll er Chefredakteur von Österreichs mit Abstand größtem Blatt werden. Doch daran strören sich nur die WAZ-Deutschen. Immerhin qualifiziert ihn das Thema seiner Dissertation für die Leitung eines Boulevardblatts: „Persönlichkeitsschutz im Medienrecht“. Dann hat sich Dichand junior auch noch bei der „New York Post“, den gleichfalls amerikanischen „Daily News“ und im eigenen Haus umgesehen. Bei der „Krone“ war er zuletzt, jedenfalls dem Impressum nach, für die bunte Sonntagsbeilage verantwortlich. Sein Vater sagt: „Leicht wird er’s nicht haben. Aber ich glaube, er wird seine Sache tadellos machen.“

Jeder andere hätte irgendwann beschlossen, dass seine Zeit nun zu Ende sei – nicht Hans Dichand. Altersmüde ist der 82-Jährige nicht. Fünf Jahre noch will er Herausgeber und Hauptgeschäftsführer bleiben. Selbst wenn er seinen Sohn zum Chefredakteur gemacht hat: An der Arbeitsteilung zwischen den beiden, sagt er, werde sich „im Grunde vorerst nichts ändern“. Und – Achtung, WAZ: „Wenn Christoph nicht entspricht, bin ich der Erste, der ihn wieder abberuft."

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