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Jörg Graf ist der neue Mann an der Spitze des Privatsenders RTL.

© RTL

RTL erhält neue Führung: Jörg Graf löst Frank Hoffmann ab

Frank Hoffmann geht, Jörg Graf kommt. Der Neue an der Spitze von RTL soll den Flaggschiffsender mit neuen Impulsen versorgen. Auch bei Vox gibt es große Veränderungen.

Der Kölner Privatsender RTL bekommt eine neue Führung. RTL-Geschäftsführer Frank Hoffmann, 52, gibt nach sechs Jahren an der Spitze von RTL die Verantwortung an den gleichalten Jörg Graf ab, der zuvor unter anderem für den internationalen Fremdprogrammeinkauf und seit 2017 zudem für den Free-TV-Sender Nitro zuständig war. Hoffmann verlässt das Unternehmen „auf eigenen Wunsch und im besten Einvernehmen“. Er war 28 Jahre für die Mediengruppe tätig.
Der Vorstandschef von RTL Deutschland, Bernd Reichart, lobte Hoffmann als einen "der profiliertesten Programmmacher, der RTL Television über sechs Jahre die Marktführerschaft in einem herausfordernden Markt gesichert hat". Auch die Wirtschaftlichkeit der von ihm geführten Sender habe er erfolgreich ausgebaut.
Von Hoffmanns Nachfolger Jörg Graf wird erwartet, dass er den „Flaggschiffsender mit frischen Impulsen erfolgreich“ weiterentwickelt. „Durch seine langjährige Erfahrung ist er bestens mit der deutschen Kreativ-Branche, den lokalen und internationalen Produktionsfirmen sowie mit den US-Studios vernetzt. Er weiß daher sehr genau um die konkreten Bedürfnisse der Kreativen und Produzenten, kennt den Publikumsgeschmack bestens“, lobt Reichart laut Mitteilung.
Auch beim RTL-Sender Vox wird die Spitze neu besetzt. Sascha Schwingel, bisher für die ARD-Tochter Degeto tätig, wird die Geschäftsführung des Senders übernehmen, wie die Mediengruppe am Mittwoch mitteilte. Ziel der Neuordnung sei die Neuausrichtung des TV-Senderbereichs, „um die Entwicklung eigener Ideen und Formate künftig noch stärker und schneller voranzutreiben“. Schwingel, 47, folgt im Frühsommer auf den 44-jährigen Reichart, der zum 1. Januar als CEO die Gesamtverantwortung für die Mediengruppe RTL Deutschland übernommen hat. In der ARD-Tochter Degeto war Schwingel seit 2016 Leiter Redaktion und Programm-Management und hatte zuletzt die Drama-Serie „Babylon Berlin“ verantwortet. Bereits zuvor war er bei der damaligen Ufa-Tochter TeamWorx an Großproduktionen wie „Die Sturmflut“ und „Die Hindenburg“ für RTL und „Dresden“ für das ZDF maßgeblich beteiligt.

Besetzungslogik durchbrochen

Die Mediengruppe RTL Deutschland sucht den Neustart mit Bernd Reichart als Chef, Jörg Graf als RTL-Geschäftsführer und Sascha Schwingel als Vox-Chef. Schwingel durchbricht die bisherige RTL-Besetzungslogik, wonach Führungsposten aus der TV-Gruppe heraus besetzt werden. In der Überraschung steckt auch die Erkenntnis , dass ein bloßes (personelles) Weiter-So den Fernsehveranstalter nicht in die Zukunftsspur bringt.
Die Dschungelshow lief bereits in der 13. Staffel, was „DSDS“ ist seit 2002, „Das Supertalent“ seit 2007 im Programm und „Wer wird Millionär?“ scheint aus der Schwarz-Weiß-Zeit zu stammen. RTL<TH>ist so strukturkonservativ wie das übrige Linear-TV von ARD über Sat 1 bis ZDF. In der Substanz lebt der Privatsender von Prolongation alter Erfolge. Deren Strahlkraft aber lässt nach. Um diese Schwächen zu kaschieren und neue Aufmerksamkeit für RTL zu generieren wurden Qualifikationsspiele der deutschen Fußball-Kicker eingekauft.
RTL braucht Erneuerung, Erweiterung. Einmal in der Fernsehpublizistik: Ironman Jenke von Wilmsdorff und Günter Wallraff undercover reichen längst nicht hin, um das gesellschaftlich wie politisch unruhige Deutschland abzubilden. Jenke und Wallraff sind verkappte Verbrauchershows, sehr weit ist das von Rassismus, Gender und AfD entfernt sein.
Serie und Movies und Show haben eines gemeinsam: Jeder Erfolg kann nur ex post erklärt werden, davor gibt es nur eine vage Prophezeiung und ein großes Risiko. Das private Fernsehen will das Risiko klein und die Gewinnmarge groß halten. RTL hat das nahezu perfektioniert. In Köln wird gutes Geld verdient, und doch erodierte über dieses Unternehmensziel die Grundlage fürs Geldverdienen: das Programm als Kreativgeschäft.
Fernsehen ist immer noch ein Kreativgeschäft, die Unterhaltung eines erwartungsfrohen Publikums bleibt ein kreativer Akt. Ist schwieriger geworden, gewiss: Was 1984 begann, war nicht wirklich kreativer als bei der öffentlich-rechtlicher Konkurrenz, es war vor allem – anders, Provokation galt schon Programm.
Das ist heute, 2019, vorbei. Auch die RTL-Sender sind umstellt von Pay-TV, Streaming, der Kampf um die Aufmerksamkeit des Publikums ist eisenhart geworden. Das alles muss den neuen Chefs von RTL<TH>und Vox nicht ins Ohr geflüstert werden, sie wissen das. Und sie müssen ihr Wissen in Erfolg umsetzen.

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