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Großer Bahnhof: Das Medieninteresse war enorm, als der streitbare Journalist, Verleger und Ex-Chefredakteur Roger Köppel seine Kandidatur für das Schweizer Parlament verkündete. Foto: Reuters/Arnd Wiegmann

© REUTERS

Seitenwechsel von Roger Köppel: Links steht der Feind

Vom Journalisten zum Politiker: „Weltwoche“-Chef Roger Köppel will auch im Parlament die Schweiz retten.

Der Gegner steht links. Er will die Schweiz verraten, verkaufen, ruinieren. Nur die Schweizerische Volkspartei SVP hält wacker dagegen. So verkünden es die SVP-Anführer den Bürgern des Alpenstaates, jahrein, jahraus. Besonders laut werden die Retter jetzt. Denn 2015 ist Wahljahr. Im Oktober bestimmen die Eidgenossen die Mitglieder ihres Parlaments.

Gut sechs Monate vor dem Urnengang landete die rechtspopulistische SVP einen Coup im Kampf um die Stimmen: Der umstrittene Journalist Roger Köppel, ein bald 50-jähriger Schnellredner, der in Talkshows gerne den politisch unkorrekten Rechtsintellektuellen gibt, will für die stärkste Partei Helvetiens in den Nationalrat ziehen. „Ich muss in das Getümmel“, sagte Köppel bei seiner Vorstellung Ende Februar.

Warum sich der Chefredakteur und Verleger der Zürcher „Weltwoche“ die Kärrnerarbeit im Bundeshaus zu Bern antun will, hatte man erahnen können. Klöppel aber macht es noch einmal ganz klar: „Die verheerende und mich alarmierende Politik der Linken“ gelte es zu bekämpfen. „Die Schweiz geht den Bach herunter“, behauptete er in einem Interview. Um dem Ungemach zu entkommen, will sich Köppel vor allem für die „Unabhängigkeit der Schweiz gegenüber der EU“ starkmachen. Zudem gelte es die drei anderen staatstragenden Prinzipien zu verteidigen: direkte Demokratie, Föderalismus, Neutralität.

Köppels Sprung aus der Redaktionsstube in die politische Arena findet die wohlwollende Unterstützung des SVP-Übervaters Christoph Blocher. Bislang erfüllte Klöppel die Erwartungen des bald 75-jährigen Blocher, des Mannes, der wie kein anderer für einen schroffen, isolationistischen Kurs der Eidgenossen steht. „Sie können ihn auf den letzten Platz setzen und er wird noch gewählt“, lobt der Alte den Jungen.

Roger Köppel gilt vielen als der neue starke Mann der SVP

Der Milliardär Blocher, so spekulieren Schweizer Medien, wünsche sich Köppel irgendwann als seinen politischen Nachfolger, als den neuen starken Mann der SVP, der weit in das Jahrhundert hinein für eine bodenständige Schweiz frei von fremden Herren fechten soll. Doch noch scheint der Respekt Köppels vor Blocher so groß zu sein, dass er die Rolle des Kronprinzen von sich weist: „Christoph Blocher ist eine Ausnahmeerscheinung, ich empfinde Bewunderung und Dankbarkeit für ihn. Dass ich diese Rolle übernehmen könnte, ist völlig abwegig“, sagt er.

Weniger bescheiden kommt der asketisch wirkende Klöppel als Journalist daher. Köppel startete 1988 seine Karriere bei Helvetiens Vorzeigeblatt, der „Neuen Zürcher Zeitung“. Er schloss sein Studium der Politischen Philosophie und Wirtschaftsgeschichte 1995 ab. Im Jahr 2001 übernahm er dann als Chefredakteur die „Weltwoche“ und formte aus der ehedem linksliberalen Wochenzeitung ein nationalkonservatives „Kampfblatt“, wie sein Förderer Blocher zufrieden festhält.

Auf der Webseite der „Weltwoche“ lässt sich Köppel als „politischen Scharfmacher“ anpreisen. Da ihm die Schweiz wohl nicht selten zu klein erscheint, versucht er sich auch in Deutschland. Der Eidgenosse gab ein Gastspiel als Chefredakteur der Tageszeitung „Die Welt“ in Berlin, bei TV-Talkshows polarisiert er mit eiskalter Miene. Einige Kostproben: Das Ja der Schweizer zum Bau-Verbot von Minaretten 2009 feierte Köppel als „leuchtendes Beispiel der Demokratie in Europa“. Die Massenflucht verzweifelter Menschen aus Afrika nach Europa will er auch mit mehr Polizei eindämmen: „Wir können nicht alle Afrikaner aufnehmen in Europa. Das geht überhaupt nicht.“ Und im Steuerstreit seiner Schweiz mit Deutschland griff er zu einem Nazi-Vergleich. „Die Bundesrepublik installiert eine Art grenzübergreifendes Blockwartsystem, das mit illegalen Methoden deutschen Bürgern nachstellt.“

Dass Köppel auch privat eine stramm-konservative Linie verficht, davon konnten sich die Leser der Zürcher Sonntagszeitung überzeugen. Auf die Frage, was seine Frau, mit der er drei Kinder hat, von seinem Start in die Politik hält, antwortete Köppel: „Natürlich ist sie nicht amüsiert, wenn ich ihr sage, dass ich jetzt noch mehr arbeite. Aber das sind Nebensächlichkeiten – es geht um eine größere Sache.“

Jan Dirk Herbermann

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