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Selbstgespräche. Kulturjournalist Konstantin Pfau und andere - alle Olli Dittrich.

© WDR/Beba Lindhorst/becground tv

"Selbstgespräche - mit Konstantin Pfau": Olli Dittrich glänzt in der Verwandlung

Erdogan, Brexit, Flüchtlingskrise: Olli Dittrich brilliert heute wieder in einer TV-Persiflage - in vier verschiedenen Rollen, getarnt als Jahresrückblick.

Vielleicht haben wir bei der Flüchtlingsproblematik ganz falsch gelegen. Vielleicht war das alles ein Missverständnis. Vielleicht hätten wir besser auf Youssef al Bustani achten sollen, der alte „Lindenstraße“-Folgen mit Til Schweiger mit großem Erfolg für die arabische Welt synchronisiert hat, um ein Bild von Deutschland draußen in der Welt zu zeigen, das keiner kennt, sodass auch bloß keine falschen Erwartungen zu Deutschland geweckt werden. Okay, aber wer ist Youssef al Bustani? Der Mann ist 52, Gastronom, Weltenbummler und Filmemacher und einer von drei Gästen im Jahresrückblick-Talk von Konstantin Pfau am späten Donnerstagabend im Ersten.

Gut, und wer ist dann dieser Konstantin Pfau? Im Bildschirm-Insert steht „Denker, Erfolgsautor und Honorarprofessor für Soziologie an der Universität Tübingen, Gastgeber seiner Sendung ,Selbstgespräche‘ “, eine absolute Ausnahmeerscheinung im deutschen Fernsehen. Genauso wie Olli Dittrich, der Verwandlungskünstler, der in seinem neuesten Fernsehstreich vier verschiedene Rollen übernimmt.

Neben Youssef al Bustani und Gastgeber Konstantin Pfau (Kulturjournalist, sein Bestseller: „Hegel to go“) sind das Michael Trevor Pitchford, 50, ein Fuhrunternehmer aus Sibsey, England, der aussieht wie Boris Johnson und unter Morbus Auri leidet, einem merkwürdigen Haar-Gen-Defekt, sowie Jörn-Philipp Echternach, 61, Kurzbotschafter in Ankara, der nach nur acht Monaten die Türkei wieder verlassen wollte, weil er dort nach dem Putschversuch gegen Erdogan rumschikaniert wurde.

Der Deutsch-Libanese ist gescheiterter Restaurantbesitzer aus Neukölln

Nach Dieter Nuhr und „heute-show“ also ein weiterer satirischer Jahresrückblick. Olli Dittrich, die großen Themen Flüchtlingskrise, Brexit und Erdogan, eine Person in vier Facetten. Das zündet insgesamt etwas weniger schnell als bei „Dittsche“, dem Bademantelträger mit seinem Improvisationskammerspiel über Gott, Frau Karger und die Welt, ist aber wiederum ein Beweis dafür, was für ein guter Schauspieler Dittrich ist. Dem fliegen Themen und Gesichter nur so zu.

Nach „Frühstücksfernsehen“, „Das TalkGespräch“, „‚Schorsch‘ Aigner – der Mann, der Franz Beckenbauer war“, „Das Fifa-Märchen: Fragen an ‚Schorsch‘ Aigner“ und „Der Sandro-Report“ mit dem Außenreporter Sandro Zahlemann im Januar diesen Jahres ist dies die sechste Persiflage des WDR innerhalb des TV-Zyklus von und mit Olli Dittrich.

Sämtliche Gespräche sind aus der Improvisation heraus entstanden. Für die technische Umsetzung kam das „Motion Control System“ zum Einsatz. Die Technik ermöglicht es, gedrehte Kamerafahrten, Schwenks und Zooms eins zu eins zu wiederholen, sodass Olli Dittrich mit sich selbst in unterschiedlichen Figuren auch in Bildbewegungen agieren kann.

Viel mehr als die Technik bannen Dittrichs feine Mimik und Gästebiografien. Youssef al Bustani: Der Deutsch-Libanese ist gescheiterter Restaurantbesitzer aus Neukölln, Weltenbummler und Neu-Filmemacher, der das Bundesverdienstkreuz erhielt. Mit einem von ihm selbst auf Libanesisch synchronisierten Zusammenschnitt diverser Szenen eines deutschen Filmstars landete er einen Youtube-Hit mit 8,7 Millionen Klicks.

Michael Trevor Pitchford: Der Brite ist einer von weltweit 171 Menschen mit dem seltenen Gen-Defekt „Morbus Auri“. Er enthüllt Ungeheuerlichkeiten über den Kopf der Pro-Brexit-Kampagne. Die strohblonden Haare von Boris Johnson würden einfach schneller wachsen als beim Durchschnitt der Bevölkerung, seien statisch extrem aufgeladen, und irgendwie hätten der Brexit und Boris Johnsons Haare mit dem Steigen des Goldpreises zu tun. Am schwächsten noch die Sprachblasen-Figur des Diplomaten, dessen Wagen vom türkischen Geheimdienst beschlagnahmt und ohne Tankfüllung wieder zurückgegeben wurde.

Olli-Dittrich-Fernsehen – der Menschensammler, ein Genre für sich. Das ist natürlich alles großer Quatsch, großes Spiel mit der Maske. Und großes Fernsehen, weil es wie nebenher die Eitelkeiten der Talkshow-Branche aufs Korn nimmt.

„Selbstgespräche – mit Konstantin Pfau“, Donnerstag, ARD, 23 Uhr 20

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