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Mit der Vergangenheit konfrontiert: Dr. Eva Maria Prohacek (Senta Berger) und ihr langjähriger Ermittlungspartner André Langner (Rudolf Krause).

© Arte

Senta Bergers letzter Fall: "Unter Verdacht": Abgang mit Würde

Wie sie hadert und zögert, wie sie sich grämt: Nach 17 Jahren hört Senta Berger mit der Reihe „Unter Verdacht“ auf.

„Was haben wir eigentlich erreicht? Es hat sich doch nichts geändert.“ Resigniert blickt die interne Münchner Ermittlerin Dr. Eva Prohacek (Senta Berger) auf die Jahre zurück, die hinter ihr und ihrem Ermittler-Partner André Langner (Rudolf Krause) liegen.

Es gilt, Abschied zu nehmen, Dr. Prohacek geht in Pension, wenige Tage noch sind es, bis sie den Schreibtisch räumen muss. Prohaceks Blick zurück ist nicht im Zorn, dennoch ist sie mit sich und den Dingen dieser Welt nicht im Reinen. Zumal: Just auf den letzten Dienstmetern wird sie hinterrücks von der Vergangenheit eingeholt, muss Fehler eingestehen.

Ein Polizist erschießt sich vor den Augen seiner jüngeren Kollegin Sarah Weiss (Julia Franz Richter), mit der er seit einiger Zeit zusammen ist. Sie will nicht mehr, beendet die Verbindung ganz abrupt. Fassungslos steht der Mann vor ihr, in ihrer kleinen Apartment-Wohnung.

Dann stammelt er, er könne das nicht mehr schaffen, nimmt die Pistole, setzt sie an die Schläfe und drückt ab. Sarah Weiss, blutüberströmt, steht unter Schock, und doch schwingt da noch etwas mit. Sie wirkt trotz des Schocks seltsam gefasst. Eva Prohacek wird an den Tatort gerufen, führt im Wagen ein erstes Gespräch mit der jungen Polizistin. Da die Wohnung als Tatort untersucht wird, bringt man Sarah zu ihrem jüngeren Bruder Lukas Weiss (Anton Spieker).

Hier nun erklären sich die Bild-Sequenzen, die am Anfang dieser letzten „Unter Verdacht“-Folge stehen – es sind Retro-Bilder. Zwei Kinder kommen von der Schule und laufen draußen, auf dem Land, zu dem alleinstehenden Haus, in dem sie mit ihrer Mutter wohnen.

Drinnen spielt sich gerade ein brutales Verbrechen ab. Die Mutter der beiden Kinder wird umgebracht, das Haus wird angezündet, um die Tat zu vertuschen. Am Ende des Schulwegs stehen die Kinder vor ihrem brennenden Zuhause.

Völlig unerwartet stellt ihnen allen die Vergangenheit ein Bein

Das ist 17 Jahre her und fällt in die Zeit, als Eva Prohacek von Augsburg nach München in die Abteilung für Amtsdelikte versetzt wurde. Die beiden Kinder sind Sarah und Lukas Weiss. Bis heute wurde der Tod ihrer Mutter nicht aufgeklärt. Auch von Eva Prohacek nicht, die damals mit allem überfordert war. Nun schließt sich der Kreis.

Es stellt sich heraus, dass Sarah Weiss sich gezielt dem älteren Polizisten angenähert hatte, da dieser den unter Zeugenschutz und falscher Identität stehenden Ex-Polizisten Josef Bangert (Heinz-Josef Braun) kennt. Bangert hat damals, im Fall „Paradiesgarten“, dem Bauskandal, den Auftragsmord an Sarah Weiss’ Mutter begangen.

Einer der wenigen, der davon wusste und von den bauwirtschaftlichen Interessen finanziell erheblich profitierte, ist Evas langjähriger Vorgesetzter, der aalglatt-alerte Dr. Claus Reiter (Gerd Anthoff). Völlig unerwartet stellt ihnen allen die Vergangenheit nun ein Bein.

„Verdecktes Spiel“ hieß der erste Fall der ZDF-Ausnahme-Reihe „Unter Verdacht“, die am 2. August 2002 erstmals auf Sendung ging. 17 Jahre später löst die wunderbare Senta Berger in der Rolle der Dr. Eva Prohacek nun ihren 30. und letzten Fall, dessen Drehbuch, verfasst von Stefan Holtz und Florian Iwersen, von Regisseur Andreas Herzog umgesetzt wurde.

Dieser finale Fall dürfte zugleich zu den Highlights dieser stets ungewöhnlichen, immer etwas aus dem Rahmen des Fernseh-Üblichen fallenden Reihe zählen. Die Narration ist ebenso intelligent wie klug, der Spannungsbogen wird durchgehend gehalten, die Spannungsspirale in der zweiten Hälfte noch etwas angezogen.

Die Inszenierung ist subtil zurückhaltend. Am emotionalen Ende gilt es auch, sich von diesen durchgängig erzählten Figuren zu verabschieden: von Eva Prohacek zumal, aber auch von ihren Partnern, dem schlacksigen Herrn Langner, und sogar vom perfiden Vorgesetzten Dr. Reiter, den Gerd Anthoff all die Jahre über in einer einmaligen Mischung aus bajuwarischer Schein-Jovialität und maliziöser Perfidie kongenial darbot.

Und: Senta Berger ist ein letztes Mal Eva Prohacek: wie sie hadert und zögert, wie sie sich grämt, wie sie unsicher ist, verletzt auch, um dann mit frappierender Entschiedenheit und Entschlossenheit aufzutreten. Dieses ganze Spektrum steckt in dieser Figur.

Und Senta Berger interpretiert sie mit all ihrer Empathie, ihrer Feinfühligkeit und ihrer Vielfältigkeit. Es ist ein Fest, dieser Schauspielerin zuzusehen. „Evas letzter Gang“ ist, nach gut anderthalb Jahrzehnten, ein sehr würdiger Abgang.

„Unter Verdacht – Evas letzter Gang“, Freitag, Arte, 20 Uhr 15

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