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Medien: „Sie sehen dann gut aus, wenn ...“

Schön und klug, aber mit 49 Jahren weg vom Schirm? Moderatorin Angela Elis über Frauen im Fernsehen

Frau Elis, wird 2007 das „Fernsehjahr der Frau“? Anne Will kommt für Sabine Christiansen, Caren Miosga für Will, Evelyn Fischer für Miosga, Monika Piel für Fritz Pleitgen, Verena Kulenkampff für Ulrich Deppendorf …

Keine Panik, neben diesen Frauen gibt es immer noch ausreichend Männer im deutschen Fernsehen: Gottschalk, Jauch, Beckmann, Kerner und nicht zu vergessen Frank Plasberg, der künftig in der ARD talken wird.

Wenn aber immer mehr Frauen fernsehen, müssten dann nicht auch immer mehr Frauen Fernsehen machen?

Frauen lesen auch mehr Bücher, allerdings nicht nur die von Frauen. Auch Männer schaffen es, durch gute Geschichten zu begeistern.

Kommen Frauen im Fernsehen gut voran?

Fakt ist, es gibt inzwischen etliche Frauen auf dem Bildschirm in inhaltlich ernst zu nehmenden Sendungen. Die Männer sind aber immer noch in der Überzahl. Es ist allerdings für beide Geschlechter ein Glücksfall, dass die Frauen, die es können, inzwischen auch dürfen. Das war ja nicht immer so. „Frau = nette Unterhaltung“ – diese Reduzierung gilt so nicht mehr. Marietta Slomka moderiert das „heute journal“ und Florian Silbereisen die „Volksmusikfeste“ – beides passt bestens.

Was können Frauen im Fernsehen, was Männer nicht können?

Viele Fernsehfrauen verbinden Klugheit mit Schönheit und können dabei noch wunderbar charmant sein, wenn sie wollen. Männer wirken dagegen manchmal eher sachlich nüchtern.

Müssen Frauen immer gut aussehen?

Bei manchen Sendern und für manche Sendungen genügt es, hübsch zu sein. Manchmal sehe ich bei Verkaufs- und Spielkanälen weibliche Wesen, die fast nichts mehr anhaben oder sich im Lauf der Show entkleiden. Seriöses Fernsehen arbeitet anders. Aber selbst da wird von den Zuschauern sehr genau verfolgt und vor allem kommentiert, wie eine Moderatorin sich kleidet, welche Frisur sie trägt. Bei Männern ist das nicht so. Eine Frau, die länger auf dem Schirm bleiben will, sollte jedenfalls nicht nur optisch ansprechend, sondern auch kompetent sein.

Wie reagieren Zuschauer bei Moderatorinnen?

Manchmal werden Meinungen nicht im Alternativton geäußert, nach dem Motto „Sie könnten doch mal …“, sondern im Befehlston „Sie sehen dann gut aus, wenn …“. Sehr beeindruckend, solch eine Selbstüberzeugtheit. Ansonsten gehen die Äußerungen bis hin zur Frage nach der Schuhgröße, wobei das wohl eher etwas mit speziellen Vorlieben zu tun hat.

Schönheit und Klugheit – schön und klug. Ist auch Älterwerden erlaubt?

Ich habe noch von keinem Zuschauer gehört, diese oder jene sei zu alt für die Moderation dieser oder jener Sendung. Das ist vielleicht eher eine Angst der Programmmacher, die fürchten, nur junges Blut macht Quote. Da viele ältere Frauen fernsehen, möchten die doch gern Moderatorinnen erleben dürfen, die ebenso an Reife zulegen.

Sie selbst, Frau Elis, moderieren drei Sendungen: „Fakt“, „Fakt ist …“ und „nano“, alles anspruchsvolle Sendungen. Ein Vorteil für die Moderatorin?

Für mich ja, ich finde das ganz toll und liebe die inhaltliche Herausforderung. Ich möchte keine Sprechpuppe sein, die nur vorgeschriebene Texte möglichst nett rüberbringen soll.

Starke Frauen als Rollenleitbilder seien typisch für Ost-Biografien, haben Sie gesagt. Sind Ihnen diese starken Frauen im Ost-Sender MDR oder auch im West-Sender 3sat begegnet?

Bei beiden. Nehmen Sie Andrea Meier, zwei Kinder, lebt in der Schweiz, moderiert für 3sat in Mainz die „Kulturzeit" oder Tina Mendelsohn, vierfache Mutter, lebt in London. Beim MDR sind das Frauen wie Alexandra Gerlach oder Uta Bresan, die versuchen, Beruf und Familie zu verbinden.

Sie sind zweifache Mutter, wohnen in Leipzig, Ihr Partner in Freiberg. Sie arbeiten in Leipzig und in Mainz. Wie funktioniert das?

Mit sehr viel Unterstützung zum Beispiel von meinen Eltern. Wir leben das Modell Großfamilie. Die Kinder haben ein Nest, ich fliege manchmal aus, dann sind Oma und Opa immer noch da. Das andere ist Disziplin, Wille und Organisation.

Wie hoch ist das Risiko für eine Frau mit Bildschirmpräsenz, Kinder in die Welt zu setzen?

Mit einem Bauch auf den Sender zu gehen, der zunehmend wächst oder sich mit den Nebenwirkungen von Geburt sowie Still- und Babyzeit zu zeigen, das erfordert schon Mut und braucht Unterstützung durch das Team, mit dem man arbeitet. Männer haben es hier einfacher. Sie werden zwar auch manchmal rund, aber eben nicht vom Kinderkriegen.

Helfen im Fernsehen Frauen Frauen?

Es gibt Frauen, die Frauen helfen, zum Beispiel die schon genannte Andrea Meier von „Kulturzeit“. Wir tauschen uns gegenseitig aus beispielsweise über Kinderfrauen in Mainz. Und es gibt auch Männer, die großartig helfen wie meine Kollegen in der Redaktion des ARD-Magazins „Fakt“. Es gibt aber durchaus auch Frauen und Männer, die eher abweisend reagieren und Kinder mit Hunden vergleichen, die lieber draußen bleiben sollen. Meist haben die dann selber keine.

Sieht so die ideale Moderatorin aus: immer interessiert, macht sich aber selbst nicht interessant?

Genau, das gilt aber auch für Männer. Sich nicht in den Vordergrund spielen, dennoch neugierig sein – das ist ein Verhalten, das ich übrigens auch bei dem sehr beliebten Moderator Günther Jauch beobachte. Eine seiner stärksten Waffen.

Weiß der Zuschauer Qualität zu schätzen, wenn’s um Moderatoren geht?

Zuschauer, die Qualität wollen, wissen, wer sie liefert.

Wussten Sie, dass Drogenringe bevorzugt attraktive Frauen als Kuriere einsetzen, weil Schönheit von vielen mit Anstand gleichgesetzt wird?

Na klar, wenn eine äußerst attraktive Frau durch die Sicherheitskontrolle geht, dann kann ich mir schon vorstellen, dass den männlichen Kontrolleuren die Knie weich werden und ihre Fantasie Flügel bekommt.

Gibt es da etwa eine Parallele zwischen Drogentransport und Fernsehen?

Dann wäre Fernsehen ja kriminell. Eine gewagte These.

Sie haben mit Michael Jürgs das Buch „Typisch Ossi – Typisch Wessi“ geschrieben. Warum schreiben Sie nicht über „Typisch Frau – Typisch Mann“?

Mich würde eher die Fortsetzung von „Typisch Ossi – Typisch Wessi“ interessieren. Da gäbe es noch einiges zu sagen, und das Lachen der Zuhörer bei unseren Lesungen war ansteckend.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joaachim Huber.

„Fakt ist ...“, MDR, 22 Uhr 05

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