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Comedian Larry David,   besser bekannt mit dem Titel „Curb your Enthusiasm“.

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Sitcom auf Sky: Im Testosteronbad

„Lass es, Larry!“ auf Sky: Wie schön es ist, wenn alte Männer ihr Ego auf die Schippe nehmen und damit auch Donald Trump die Stirn bieten.

Authentizität, dieser bleischwere, aber schwer erleichternde Begriff fürs weit wärmere Wort Wahrhaftigkeit, Authentizität ist ein seltenes Gut im Blendwerk Fernsehunterhaltung. Nicht erst, seit uns Scripted Reality oder Docutainment die Wirklichkeit am Bildschirm als Fiktion (oder umgekehrt) vorgaukeln, sind wir ja alle zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen, um echt von falsch zu unterscheiden. Gerade, wenn jemand eine Serienfigur unterm Klarnamen spielt. Wie Larry David.

Seit der Stand-up-Comedian aus Brooklyn vor knapp 30 Jahren einen weiteren Stand-up-Comedian aus Brooklyn zum Titelstar einer Sitcom ohne Stand-up, aber viel Spontaneität gemacht hat, in der dieser Jerry „Seinfeld“ scheinbar sich selbst verkörperte, war das Fernsehen fortan ein anderes. Viele sagen: besseres. Aber das ist angesichts der Vermischung von Dichtung und Wahrheit Ansichtssache. Tatsache hingegen ist die unbedingte Verehrungswürdigkeit von Larry David, der sich zwei Jahre nach dem Ende von „Seinfeld“ persönlich zum Subjekt und Objekt einer Sitcom machte: „Lass es, Larry!“

So lautet die gewohnt debile Übersetzung der HBO-Legende „Curb your Enthusiasm“, was in etwa „dämpf deine Begeisterung!“ heißt und dem verblassenden Leitmedium just, als es das Internet gerade in den Schatten zu stellen begann, ein bisschen vom exklusiven Glanz früherer Tage zurückgab.

Wenn Sky nun nach sieben Jahren Pause die neunte Staffel von „Lass es, Larry!“ zeigt, spielt Larry David alias Larry David abermals sich selbst und gleichsam jemand völlig anderen. Denn wie der Multimillionär sein Leben und damit auch die Epoche im schrillen Tonfall amerikanischer Kellerbühnenkomik auf die Schippe nimmt, das ist auch 18 Jahre nach der Premiere authentisch und gleichsam viel zu überdreht, um wahr zu sein.

Mit seiner Kunst, Kommunikation in einer Kettenreaktion fahrlässiger Missverständnisse gegen die Villenwände von L.A. fahren zu lassen, war Larry David nicht nur Vorbild für Bastian Pastewka, der sich einst ähnlich, viele sagen: besser, der dreiviertelfiktionalen Lächerlichkeit preisgab.

In jüdischer Humortradition schafft der 71-Jährige etwas, das seiner Alterskohorte gern fremd ist: Er nimmt sich und sein Ego komplett unernst und bietet Trumps reaktionärem Machismo damit unpolitisch die fliehende Stirn. Im populistischen Testosteronsturm könnte nichts beruhigender sein. Und dabei zwar nicht immer lustig, aber oft sehr wahrhaftig.

„Lass es, Larry!“, Sky, ab Dienstag

Jan Freitag

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