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Medien: Späth doziert, Gysi hemmt

Die gemeinsame MDR-Talkshow erlebt schwachen Start

Von Matthias Meisner

Die PDS sitzt in der ersten Reihe. Montagabend, Leipzig Hauptbahnhof, „Gysi und Späth“, die neue MDR-Talkshow hat Premiere. Vorne unter den Zuschauern Platz genommen haben der Stadtvorsitzende Volker Külow und weitere Parteifunktionäre. Külow ist es „nicht unangenehm“, dass die PDS mit dem Auftritt von Gregor Gysi in der Messestadt zum Thema wird. Doch erwarte er vom PDS-Idol „keine Wunder“.

Gysi und und Co-Moderator Lothar Späth kommen durch den Nebeneingang. Die Bürgerrechtler, die draußen gegen Gysis Rolle als „Stimme des Ostens“ demonstrieren, sehen die beiden gar nicht. Für das rot-schwarze Miteinander nimmt Gysi auf einem schwarzen, Späth auf einem roten Stuhl Platz – wie auch sonst die Rollenverteilung der beiden Moderatoren in den 45 Minuten unklar bleibt. Im Schnelldurchlauf geht es um die Probleme des Mittelstandes, Helmut Kohls „blühende Landschaften“ und Gerhard Schröders „Chefsache Ost“. Die Plattitüden funkeln. Gast Norbert Blüm darf noch einmal betonen, dass die Menschen im Osten zur Wende „Großes geleistet“ hätten. Manfred Stolpe teilt mit: „Was wir überhaupt nicht mehr gebrauchen können, sind Sprüche.“

Wie sich aus solchem Talk neue Ansätze zur Lösung der Ost-Probleme ergeben können, ist nicht das einzige Rätsel des Talkabends. Ein Drittel der Sendezeit ist verstrichen, da hält der Aufnahmeleiter den Moderatoren ein Schild hoch: „Mehr Tempo“. Gerade spricht als Gast aus dem Publikum Reinhard Bohse, Mitbegründer des Neuen Forums in Leipzig. „Miserabel“ sei die Stimmung im Osten, sagt er. Und fügt vor laufenden Kameras hinzu, dass er Gysis Engagement durch den MDR für „außerordentlich problematisch“ halte. Fortan wirkt der sonst so eloquente PDS-Mann erst recht gehemmt. Und Späth doziert, anstatt zu moderieren. Beide werden später sagen, dass sie in ihre neue Rolle noch hineinfinden müssten. Zu langsam sei man zur Kernfrage gekommen, räumt Späth ein. Gysi betont: „Sie können nicht das erste Mal im Leben eine eigene Sendung machen und sich wohlfühlen.“ Doch beim Fernsehen könne jeder „abschalten, wann immer er will“.

Mit der Quote indes ist der MDR sehr zufrieden. 14,9 Prozent, das entspricht rund 500 000 Zuschauern im MDR-Sendegebiet. Nochmal rund 320 000 schauten im Rest der Republik zu. „Eine ordentliche Sendung“, sagt MDR-Chefredakteur Wolfgang Kenntemich, doch am Format müsse noch gearbeitet werden. Beim Bürgerrechtler Bohse bedankt sich Kenntemich nach der Sendung persönlich für dessen Kritik an Gysi: „Es war gut, dass Sie das gesagt haben.“ Dass Bohse auch den Sender gemeint hat, scheint den MDRMann nicht zu stören.

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