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Der erste Eindruck täuscht. Thomas Gottschalk wird zwar in Berlin arbeiten, sein Lebensmittelpunkt soll aber in München und im Rheinland bleiben.Foto: dapd

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Spätheimkehrer: Wohlfühl-halbe-Stunde

Informieren und emotionalisieren: Was Thomas Gottschalk mit seiner neuen Tagesshow „Gottschalk Live“ will.

So fangen die meisten an. Kommen nach Berlin, eigentlich auf Durchreise, und bald kommen sie nicht mehr los von Berliner Mischung, Mischpoke und Mentalität. Thomas Gottschalk ist schon da, doch angekommen ist er noch nicht. „In der Hauptstadt ist mein Arbeitsplatz“, aber leben will er doch lieber in München und im Rheinland. Arbeitsplatz Berlin: „Gottschalk Live“ startet am 23. Januar, montags bis donnerstags wird sich der „Spätheimkehrer“, wie ihn ARD-Programmdirektor Volker Herres nennt, zwischen 19 Uhr 20 und 19 Uhr 55 aus dem Humboldt-Carré ganz nahe am Gendarmenmarkt melden. Wohnen wird er in einem Hotel im 500-Meter-Umfeld.

Thomas Gottschalk, Heros des deutschen Fernsehens und gerade von „Wetten, dass..?“ mit Traumquote geschieden, wirkt beim Pressetermin in Berlin am Freitag frei und doch auch wieder angespannt. Ganz Rampensau gibt er witzig, spritzig Auskunft, nur die eine Hand, die das Mikrofon gerade nicht hält, die mahlt in der Hosentasche seines Dreiteilers im groß geratenen Tweed-Muster. Mit „Gottschalk Live“ geht er ins Risiko, ins ARD-Vorabendprogramm, das dringend nach Zuschauererfolg sucht, auch für die Werbung, die bis 20 Uhr verkauft werden darf.

Die 30 Minuten bis zur „Tagesschau“ um 20 Uhr will der 61-jährige Bamberger als „Wohlfühl-halbe-Stunde“ gestalten. In seinem Studio, das nicht besichtigt werden konnte, nach den Pressefotos aber als bürgerlich verpoppte Lounge-Assemblage in Berlin-Mitte daherkommt und vom Meister persönlich ausgestattet wurde, will er Themen des Tages aufgreifen, mit Experten besprechen und auf jeden Fall einen Gast zur Person des Tages hochjubeln. Das könne mal der Musiker Bryan Ferry oder der Erfolgsautor Stephen King sein, das Deutsch-Amerikanische in seiner Biografie wird ihn auch bei der ARD-Sendung nicht verlassen. „Gottschalk kennt die Welt, und die Welt kennt ihn“, sagt Herres.

Der Moderator sieht sich mit seinem Format „als sehr spätes Frühstücksfernsehen und sehr frühe Late-Night“. Er möchte am Vorabend nicht nur unterhalten, sondern auch informieren. Er wolle eine „gewisse journalistische Relevanz“ für „Gottschalk Live“, sagt der Entertainer. „Das darf nicht zu ernst sein, soll aber auch keine Lachnummer werden.“ Nicht alle Themen aus Kultur, Showbiz, Wirtschaft und Politik werden die seinen werden, weder will er „Tagesschau light“ anbieten noch ein angehobenes „Brisant“-Format. Die Sendung soll mitten im Geschehen stehen und nicht außerhalb, quasi die Schwingungen aufnehmen, vorzugsweise im Fröhlichen, zwangsweise im Verzweifelten. Ein Massenmord wie in Norwegen könnte in gebührender Form vorkommen.

„Gottschalk Live“ erhebt bei den Beiträgen wie bei den Gästen keinen Exklusivitätsanspruch gegenüber anderen ARD-Formaten. Bei den Promis setzen der Moderator und seine Redaktion darauf, dass die Gäste nur oder zuerst nur in diese Sendung kommen möchten – gerne mit neuer CD/Buch/Film.

Gottschalk will dabei mehr sein als Moderator: Er vermittelt, schaltet sich aktiv ein, sagt seine Meinung, stellt diese auch zur Diskussion. „Bei den Öffentlich-Rechtlichen ist alles so statuarisch, erstarrt. Es fehlt mir die Erregung“, wie bei einem Jon Stewart in den USA etwa. Das wolle er mit seiner Sendung anders machen. Er wolle Emotionen wecken, selbst emotional diskutieren. „Gottschalk Live“ findet ohne Publikum im Studio statt, „das stört die Konzentration“, meint Gottschalk, und doch sollen die Zuschauer über Homepage, Facebook, Twitter und per Skype-Telefon auf den Auftritt reagieren können. Gottschalk ist das Zentrum, der Motor und der Beschleuniger aller Sendungsteile. Gottschalk pur.

„Gottschalk Live“ ist eine Produktion von Grundy light Entertainment im Auftrag der ARD-Werbung unter redaktioneller Federführung des WDR und der WDR Mediagroup für das Erste. Grundy light Entertainment steht für Produkte wie „Das Supertalent“ oder diverse Quizshows ein. „Gottschalk Live“ ist Crossover von privatem Fernsehdienstleister und öffentlich-rechtlichem Auftraggeber.

Thomas Gottschalk bezeichnet sich als „kostenneutral“. Er koste die ARD nix, und er bringe der ARD nix. Für sein sicherlich nicht geringes Honorar wird sein Format ordentlich Werbegeld einspielen müssen. Haribo, sein langjähriger Werbepartner, wird „Gottschalk Live“ sponsern, während der 30 Minuten wird es Split-Screen-Werbung geben. Gottschalk ist nach eigener Aussage mit „Gottschalk Live“ auf die ARD zugegangen. Es ist sein Wunsch und sein Wille. Und es ist ein Format, „mit dem ich mich möglichst weit von ,Wetten, das..?’ entferne“.

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