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Was läuft zwischen Sargento (Quim Gutiérrez) und Ruth (Verónica Echegui)?

© ZDF und Lucas Pintos

Spanien-Krimi im ZDF: Kanarische Kanaillen

Der ZDF-Montagskrimi „Mord auf La Gomera“ ist so schroff wie die spanische Ferieninsel.

Else Kling, dem Hausmeisterdrachen selig aus der „Lindenstraße“, schwante Unheil. „Sodom und Gomera“ hieß ihr Fluch, wenn sie vermeintlich unmoralische Zustände im Geißendörferschen Soap-Imperium geißelte. Am Montag im ZDF zeigt der spanische Krimi „Mord auf La Gomera“, dass die Klingsche Verortung des Bösen biblisch nicht ganz korrekt, aber auf die zweitkleinste Vulkaninsel der Kanaren anwendbar ist: Schöne Frauen, verschlagene Frauen, undurchsichtige Verhältnisse. Misstrauen gegen alles Fremde, jede Menge kanarische Kanaillen. Das lautnahe Gomorrha aus dem Alten Testament, die Stadt mit der zur Salzsäure erstarrten Frau Lots, könnte, glaubt man dem Film, neidisch sein auf La Gomera.

Regisseur Andres M. Koppel fährt in den ersten Szenen, in einer Rückblende, mächtig auf. Der Besatzung eines Streifenwagens fällt ein Raser auf, der durch die Bergwelt von La Gomera dahinstürmt. Was hat er sich zuvor an einem parkenden Auto zu schaffen gemacht? Polizistin Ruth Anglada (Veronica Echegui) nimmt am Steuer des Polizeiautos die Verfolgung auf, ihr dienstlicher Begleiter hofft aufs Überleben. „Du kommst zu deinen Töchtern wieder nach Hause“, tröstet die Verfolgerin ihren Kollegen. Dann geht es über engste Straßen, durch schlecht beleuchtete kurvige Tunnel. Der verfolgte Raser wird nicht gestellt.

Viel später im Film gibt es noch einmal eine solche Hexenjagd mit dem Auto. Da schaltet Ruth Anglada einen verfolgenden Motorradfahrer nach allen Regeln der polizeilichen Formel Eins aus. Nur, dass auch noch die Nebel wallen. Die Kamera (Alvaro Gutierrez) liebt den zweiten Stock dieser Vulkaninsel, wo Regenwolken sich entladen und grüner Urwald herrscht, die feuchte Beletage des Bösen.

Der Wagen gehört einem lokalen Politiker

Dort wird die Leiche eines jungen Mannes gefunden. In einem Auto – es spielte eine Rolle in der Eröffnungssequenz mit der Autoverfolgung – entdeckt man Blutspuren des im Wald gefundenen Toten. Der Wagen gehört einem lokalen Politiker, auf den der Verdacht fällt, sich für den Missbrauch seiner 14-jährigen Tochter durch den 20-jährigen Toten gerächt zu haben. Kompromittierende Videos von Sexszenen tauchen in der Öffentlichkeit auf. Der verdächtigte Vater wird dennoch freigesprochen, die Beweise reichen nicht aus.

Die Mutter des Opfers, eine Deutsche, die von der Insel abgelehnt wird, wittert Schlamperei. Der örtliche Oberpolizist Teniente Nava (Roberto Alamo) gibt zu, seine Leute hätten es verkackt, er will seine Ruhe. Alles scheint in große Unklarheit zu versinken. Dann bekommt der Zuschauer die Chance, mehr vom Gomorrha auf La Gomera zu verstehen. „Drei Jahre später“ signalisiert ein Untertitel.

Das Vorspiel wird beendet – alles noch einmal im Nachgang: Zwei verdiente Guardia Civil-Beamte aus Madrid, Sergento Bevilacqua (Quim Gutierrez), ein kühler Beau mit Vorliebe für den bedürfnislosen Comic-Helden Spiderman, und eine Kollegin reisen nach La Gomera, treffen dort auf die ortskundige Ruth Anglada, die wir aus dem Opening kennen, und rollen den Fall noch einmal auf…

Was der spanische Krimi im Vergleich mit der deutschen Krimikultur bietet, ist eine gewisse Eleganz und Lässigkeit. Erklärung von Motiven ist nicht seine Stärke. Die bösen Geheimnisse des Plots treffen Akteure (und das Publikum) aus heiterem Himmel. Der Film liebt seine gut aussehenden Hauptdarsteller, für seelische Verwerfungen müssen die Bilder der imposanten Felsen herhalten. Wer wissen will, warum Menschen auf La Gomera Böses tun, bekommt es durch die Hochglanzschauspielerei nicht gezeigt. Er muss sich schon auf Else Klings Instinkte verlassen.

„Mord auf La Gomera“, Montag, ZDF, 22 Uhr 15

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