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Kommissarin Petersen (Katharina Wackernagel) jagt einen Frauenmörder, falls ihr Kollege und Liebhaber nicht wieder ihre Aufmerksamkeit beansprucht. Foto: ZDF

© Stephan Persch

Spannung: Romantik als Ware statt wahre Gefühle

Der Stralsund-Krimi „Blutige Fährte“ mit Katharina Wackernagel begibt sich in Niederungen des Partnervermittlungsgeschäfts.

Krimis aus dem hohen Norden haben Konjunktur, ob nun leicht komödiantisch angelegt wie „Ein Mann, ein Mord“ mit Dieter Pfaff und „Nord Nord Mord“ mit Robert Atzorn oder als klassischer Kriminalfilm mit regionaler Note wie bei „Die Tote vom Deich“ von Matti Geschonneck und „Mörder auf Amrum“ von Markus Imboden. Die meisten spielen an der Nordsee, dabei gibt es sehenswerte Naturkulissen und altehrwürdige Stadtansichten genauso an der Ostsee. Die ersten beiden „Stralsund“-Krimis des ZDF kamen beim Publikum gut an. Nach 5,6 Millionen Zuschauern für „Mörderische Verfolgung“ kam „Außer Kontrolle“ sogar auf 6,5 Millionen Fans. Dass sich dieser Trend mit der Folge „Blutige Fährte“ fortsetzen lässt, ist jedoch eher unwahrscheinlich.

Fast ohne Übergang geht es für Kripo-Mann Benjamin Lietz (Wotan Wilke Möhring) aus dem Bett mit der hübschen Kollegin Nina Petersen (Katharina Wackernagel) zur Erstürmung einer Wohnung. Auf große Erklärungen über die Hintergründe der Aktion verzichtet der Film. Möglicherweise ist dies auch besser so, sonst würde der Zufall, dass eine Etage unter der Zielwohnung gerade ein Mord begangen wurde, noch aberwitziger erscheinen. So aber tritt der Mörder kurz vor die Tür, durch die er sodann auf die Polizisten schießt und einen Beamten mit einem Beinschuss verletzt. Draufgänger Lietz erwidert das Feuer, das SEK-Team betritt die Wohnung und findet die Leiche eines Internetunternehmers, der eine Dating-Plattform betrieben hat. „Zurück zu wahren Gefühlen“, lautete der Wahlspruch der Agentur. Doch weil in der Realität solcher Flirtplattformen zu viele Männer auf zu wenig Frauen stoßen, hatte der findige Internetunternehmer die Geschäftsidee, dutzendweise Frauen anzustellen, die den männlichen Kunden im Außendienst oder am Telefon jene Romantik vorspielten, für die diese viel Geld zu zahlen bereit waren. Gefühle als Ware statt wahre Gefühle, Flirt-Kunde Boris Gerg (Manuel Rubey) fühlt sich betrogen und wird zum Frauenmörder.

Bei der Erstürmung der Wohnung bleibt jedoch auch der Mörder nicht unverletzt. Er entkommt der Polizei nur knapp, in seinem Bauch klafft eine tiefe Wunde. Das wird ihn jedoch nicht von weiteren Taten abhalten. Man hätte den Autoren Sven Poser und Martin Eigler etwas mehr von der kühlen Sachlichkeit gewünscht, die den Menschen von der Küste gerne nachgesagt wird. Es ist nicht nur die irritierende Agilität des Bauchschussopfers, auch andere Ungereimtheiten stoßen auf. Vor allem aber wirken die Figuren (Regie: Martin Eigler) arg überzeichnet. Katharina Wackernagel ist als Kommissarin ständig damit ausgelastet, für alles und jeden Verständnis aufzubringen. Was sie an Empathie einbringt, lässt ihr Kollege und Liebhaber Benjamin Lietz an Vernunft vermissen. Und Gregor Meyer (Michael Rotschopf) ist als Leiter der Mordkommission das personifizierte Klischee des eiskalten, aalglatten und überkorrekten Chefs.

Gegen Ecken und Kanten ist sicherlich nichts einzuwenden, besonders nicht im rauen Klima des hohen Nordens. Doch etwas Platz für eine stimmige Story sollte dennoch bleiben. Kurt Sagatz

„Stralsund – Blutige Fährte“, ZDF, 20 Uhr 15

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