zum Hauptinhalt

Medien: Spendable Verleger braucht das Land

Wolf Schneider bittet die Erben der Zeitungsgründer zur Kasse Ja, es ist traurig, dass die „Frankfurter Rundschau“ in ihrer finanziellen Not keinen Weg mehr sah, als das Land Hessen um eine Bankbürgschaft anzugehen; dass aber ihre redaktionelle Freiheit dadurch gefährdet wäre, wie man dieser Tage liest, ist übertrieben. Denn: Kann man dieser Redaktion nicht zutrauen, dass sie die Statur hat, ihren linksliberalen Kurs durchzuhalten – und nun erst recht, wo sich alle Scheinwerfer auf sie richten?

Wolf Schneider bittet die Erben der Zeitungsgründer zur Kasse

Ja, es ist traurig, dass die „Frankfurter Rundschau“ in ihrer finanziellen Not keinen Weg mehr sah, als das Land Hessen um eine Bankbürgschaft anzugehen; dass aber ihre redaktionelle Freiheit dadurch gefährdet wäre, wie man dieser Tage liest, ist übertrieben.

Denn: Kann man dieser Redaktion nicht zutrauen, dass sie die Statur hat, ihren linksliberalen Kurs durchzuhalten – und nun erst recht, wo sich alle Scheinwerfer auf sie richten? Und sollte ihr Lieblingsfeind, der hessische Ministerpräsident, wirklich so töricht sein, dass er sich bei dem Versuch ertappen lassen könnte, diese Redaktion zu knebeln? Nach aller Wahrscheinlichkeit sieht er eher die Chance, sich als liberal zu profilieren – und nur dies wäre der Preis, den seine politischen Gegner zu zahlen hätten.

Auch hat die Chefredaktion der „FR“ völlig Recht mit ihrem Hinweis , dass es totale Unabhängigkeit nicht gibt. Wenn der örtliche Kaufhauskönig den örtlichen Verleger bedrängt, dies zu berichten und jenes zu verschweigen, dann hat die Redaktion selbstverständlich keine Chance, sich dagegen aufzulehnen. Die SpringerRedakteure sind an fünf Gebote gebunden, darunter das zurzeit ein wenig heikle, mit den USA solidarisch zu sein, jedenfalls „in der friedlichen Wertegemeinschaft“ (was immer das in Sachen Irak bedeuten mag). Und Rupert Murdoch lässt seine 175 Zeitungen nach seiner Pfeife tanzen, darunter die einst berühmteste auf Erden, die Londoner „Times“. In Frankfurt droht nichts dergleichen.

Aber da wäre ein Präzedenzfall geschaffen – die staatliche Subventionierung der Presse könnte um sich greifen oder gar zur Regel werden wie in Österreich? Richtig. Doch auch das wäre nicht automatisch ein Verhängnis. Jedenfalls würde die berüchtigte „Wiener Kronenzeitung“ ohne Staatsgelder nicht etwa aufhören, ein rechtslastiges Revolverblatt zu sein, und es kann kaum an den Subventionen liegen, dass Österreich kein Qualitätsblatt zustande gebracht hat, das im ganzen deutschen Sprachraum angesehen ist wie die „Neue Zürcher Zeitung“.

Das eigentliche Trauerspiel besteht nicht darin, dass der Staat hilft, sondern dass die nicht helfen, die sich dazu aufgerufen fühlen sollten. Bei der „FR“ ist da leider niemand in Sicht – aber nun leidet ja auch die „Süddeutsche Zeitung“ Not und wird auf Profit gebürstet. Die Männer, die 1945 von der amerikanischen Militärregierung die Lizenz für sie bekamen, wurden dadurch Multimillionäre – immerhin als Lohn dafür, dass sie unbefleckt durch die Nazizeit gegangen waren. Jetzt sind ihre Erben reich. Man wünscht sich eine Welt, in der es möglich wäre, dass solche Erben sagten: „Wir haben viel Geld geschenkt bekommen und eine große Zeitung noch dazu. Wie wäre es, wenn wir, ehe die Zeitung darbt und niedergeht, von unserem vielen Geld die Hälfte dafür spendierten, dass die Zeitung unangefochten weiterleben kann?“ Sie haben und dann auch noch an ihr verdienen – wäre das nicht ein Glück zu viel?

Wolf Schneider, 77, war Korrespondent der „Süddeutschen Zeitung“ in Washington, Verlagsleiter des „Stern“ und Chefredakteur der „Welt“. Er lebt auf Mallorca als Sachbuchautor und reisender Dozent für Journalistenschulen.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false