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Sport im öffentlich-rechtlichen Fernsehen: Lisicki oder Lahm, einerlei.

ARD und ZDF wollen sich TV-Rechte am Wimbledon-Turnier sichern. Das müssen sie nicht.

Der Pay-TV-Sender Sky zahlt je Wimbledon-Turnier nur 700 000 Euro für die Liverechte. Ein Spottpreis. ARD und ZDF legen für jedes stinknormale Fußball-Länderspiel über vier Millionen Euro auf den Tisch. Ein Marktpreis. Der Unterschied in den Summen resultiert nämlich aus der Nachfrage: Fußball ist Fernsehprogramm Nummer eins, das Interesse nach Tennis bewegt sich scharf gegen null. Oder bewegte sich gegen null? Die Teilnahme von Sabine Lisicki am Wimbledon-Finale hat die Frage aktualisiert: Für welchen Sport sollen die öffentlich-rechtlichen Sender tief in die Tasche greifen?

Sportfans sind in der Regel leidenschaftlich bis zum Fanatismus. Aus ihrer Passion leiten sie das Grundgesetz ab, dass ARD und ZDF ihre Sportart in Länge und Breite zu zeigen haben. Schließlich haben sie die Haushaltsabgabe bezahlt, weswegen ihnen der öffentlich-rechtliche Rundfunk wenigstens partiell gehört.

Dieses Argument können selbstverständlich alle Zahler ins Feld führen. Und die Sender haben stets reagiert. Das Prinzip, allen wohl und niemand wehe zu sein, hat dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen und seinem Finanzier bis heute 22 Programme eingebracht. Und dann läuft das Wimbledon-Finale trotzdem nicht im Free-TV, nicht bei ARD oder ZDF?

Im Sportprogramm offenbart sich ein merkwürdiger Spagat. Das ZDF kauft für 53 Millionen Euro 18 Livespiele pro Champions-League-Saison. Das Zweite hat sich den Gesetzen des Sportrechtemarktes unterworfen und den Privatsender Sat 1 schlichtweg überboten. Daraus ist kein anderer und kein besserer Fußball erwachsen, doch dank des Erfolges von Bayern München und Borussia Dortmund hat es das Zweite zum Marktführer im deutschen Fernsehen gebracht. Toll? Nicht toll, das öffentlich-rechtliche Fernsehen kauft sich ein Programm, das ein Privatsender genauso gut und kompetent präsentiert hat.

Die großen Tennisturniere laufen samt und sonders bei Eurosport, Sport 1 und Sky, an Wimbedon sind jetzt auch ARD und ZDF interessiert. Es gibt nicht zu wenig Tennis im Fernsehen wie es zu viel Fußball im Fernsehen gibt. Ist doch irre, durch wie viele Programme eine Bundesliga-Partie gezogen wird. ARD und ZDF bezahlen allein für den Samstag-Spieltag rund 130 Millionen Euro. Es gibt keine überzeugende Linie beim öffentlich-rechtlichen Fernsehsport. ARD  und ZDF zeigen Wettbewerbe, die parallel in anderen Programmen laufen. Auch fern der Massenattraktion tobt ein gewisser Wahnsinn: Im Winter wird jeder Sonntag wechselweise von ARD und ZDF mit Bobfahren, Rodeln und Skifliegen totgesendet. Die Sender halten Rechte an Gewichtheben und Kanu. Der Gedanke vom Breitensport kann hier nicht greifen.

Es ist halt wie mit den insgesamt 22 Programmen. Jede Neugründung wie 3sat wie Arte wie Kika wie die Digitalkanäle hatte ihr Argument, und selbst als das Argument verbraucht war, wurde weiter gesendet. Das Geld war, das Geld ist da. ARD und ZDF kaufen und halten mehr Sportrechte, als sie für ihre Programme brauchen. Sie multiplizieren den Fußball, der anderswo läuft. Sie müssen Wimbledon-Tennis nicht zeigen, sofern das Turnier anderswo läuft. Es gibt, und das gilt für die Sender wie für die Gebührenzahler, kein Grundrecht auf Sport. Sport ist kommerzielle Unterhaltung, und solche kommerzielle Unterhaltung gehört nicht zum öffentlich-rechtlichen Kerngeschäft.

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