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Medien: Sportjournalisten gründen „Sportnetzwerk“

Hans-Joachim Zwingmann trug die falsche Auszeichnung. Am Jackett des stellvertretenden Vorsitzenden des Verbands Deutscher Sportjournalisten (VDS) prangte ein DFB-Sticker.

Hans-Joachim Zwingmann trug die falsche Auszeichnung. Am Jackett des stellvertretenden Vorsitzenden des Verbands Deutscher Sportjournalisten (VDS) prangte ein DFB-Sticker. Ausgerechnet auf der Gründungsveranstaltung des „Sportnetzwerks“, einer neuen, DFB-kritischen Konkurrenz zum VDS. Diesem Verband gehören 3500 Journalisten an.

Die Fachkonferenz des Netzwerk Recherche habe „diesmal eine andere Qualität“, hatte ihr Vorsitzender Thomas Leif zu Beginn angekündigt. 24 Sportjournalisten – zumeist Redakteure überregionaler Tageszeitungen – traten am Samstag aus Zwingmanns VDS aus und gründeten das „Sportnetzwerk“. Auf der Fachkonferenz in der Evangelischen Medienakademie Berlin erklärten sie, warum es zum Sportjournalisten-Schisma kommen musste.

Die 24 Sportnetzwerker sind um die Qualität des Sportjournalismus besorgt. Kritische, gut recherchierte Berichte fehlten, stattdessen dominierten „Fanjournalismus“ im Poschmann-Hartmann-Stil und hochgejubelte „Kirmesboxer“ auf ARD und ZDF.

Vor allem für diese TV-Berichterstattung kam es hart. Herbert Fischer-Solms vom Deutschlandfunk kritisierte dessen verzerrte Perspektive. „Das Fernsehen entfernt sich immer mehr von der Wirklichkeit.“ Die Berichterstattung müsse sich grundsätzlich ändern. „Wir brauchen eine faire, offensive, andere Sportberichterstattung.“ Die FAZ-Journalistin Evi Simeoni beklagte, das Sportfernsehen verkaufe fast nur noch „Traumwelten“. Und Jens Weinreich, Sportchef der „Berliner Zeitung“, sagte, diese „Fanperspektive“ verhindere journalistische Standards. Die Fernsehberichterstattung habe „mit Journalismus nichts zu tun – das ist nicht derselbe Beruf“.

Die 24 Sezessionisten erklärten, sie hätten davon endgültig genug, wie VDS mit diesem Qualitätsproblem umgehe – nämlich gar nicht, wie sie finden. „Das Abdriften … in das reine Unterhaltungsressort“ werde vom VDS „anstandslos hingenommen“, schreiben sie in einem „offenen Brief“; Antworten fehlten „auf breiter Front“. Und alle eigenen Versuche, dies innerhalb des VDS zu diskutieren, seien gescheitert. Die „VDS-Strukturen“ seien „nicht nachhaltig zu ändern“.

VDS-Vize Zwingmann zeigte sich gesprächsbereit. „Wir waren natürlich überrascht – Hinweise hätten wir aufgenommen.“ Und auch seinen Sticker könne er erklären: Den habe er sich im November 2005 bei einer DFB-Veranstaltung an die Brust geheftet.

Fabian Grabowsky

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