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Medien: Stadt des Teufels

Die Wüste von Ciudad Juárez. Wolkenfetzen ziehen am Himmel vorüber, und unten auf der Erde ist alles wie immer.

Die Wüste von Ciudad Juárez. Wolkenfetzen ziehen am Himmel vorüber, und unten auf der Erde ist alles wie immer. Wieder liegt da ein totes Mädchen im Sand.

Über 300 junge Frauen wurden in der mexikanischen Stadt direkt an der Grenze zu den USA in den letzten elf Jahren ermordet. Was in dieser Stadt vor sich geht, warum die Polizei die Morde nicht aufklärt, darüber haben Matthias Franck und Jutta Pinzler einen Fernsehreportage gedreht: „Stadt der verlorenen Töchter“ (der Tagesspiegel veröffentlichte am 21. Juni 2003 eine gleichnamige Reportage).

Es gibt ein Sprichwort: Wenn Juárez eine Stadt Gottes ist, dann nur, weil selbst der Teufel Angst hat herzukommen. Hier gibt es zwei Arten von Waren: Drogen und Menschen. Durch keine andere mexikanischen Stadt wird mehr Kokain in die USA geschmuggelt. Die US-Firmen wiederum siedeln hier ihre Produktionsstätten an, der Wochenlohn liegt bei maximal 50 Dollar.

Viele der toten Mädchen waren Angestellte in diesen Fabriken. Sie verschwanden morgens auf dem Weg zur Arbeit oder abends auf dem Weg nach Hause. Über die Täter gibt es fast so viele Theorien, wie es Morde gibt: Organhändler steckten dahinter, perverse Sex-Video-Produzenten, Drogendealer, Söhne einflussreicher Familien, die Lust verspüren am Morden, oder Texaner, die nach dem Verbrechen wieder hinter der Grenze in den USA untertauchen.

Einige der eindrucksvollsten Bilder in dem Film stammen aus einer Pressekonferenz 2001. Zwei Busfahrer, denen die Staatsanwaltschaft ohne stichhaltige Beweise den Mord an acht Mädchen anlastet, zeigen dort vor Journalisten ihre Foltermale. Sie erzählen von den Qualen des Verhörs, und wie man sie zum Geständnis zwang.

Die Autoren Franck und Pinzler sprachen auch mit dem Vater eines von der Polizei erschossenen Rechtsanwalts, der die Unschuld der Busfahrer beweisen wollte, mit einem Zeitungsfotografen, der mit seinen Fotos die Hinrichtung des Anwalts bewiesen hat, und mit den verzweifelten Eltern der Opfer.

Über Monate hat man in Ciudad Juárez keine neue Leiche gefunden, aber dann, Ende Mai, gab die Wüste wieder ein totes Mädchen frei.

„Stadt der toten Töchter“,

Arte, 22 Uhr 40

Annabel Wahba

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