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Hitparade. Der Digitalkanal ZDFinfo kann mit Formaten wie „myinfo“, in der Wolf-Christian Ulrich die Topvideos der ZDF-Mediathek zeigt, punkten. Foto: ZDF

© Caroline Marquet

Strategie: Nachtigalls Abgesang

Das ZDF will an drei Digitalkanälen festhalten. Klappt das nicht, wird ZDFkultur preisgegeben. Am kulturellen Engagement soll das nichts ändern.

Das ZDF muss sparen, das soll aber nicht zulasten der Programme gehen. Ein Minus von 75 Millionen im Personaletat hat die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Anstalten (KEF) dem Mainzer dekretiert. Das bedeutet einen Abbau von rund 300 Stellen bis 2016. Intendant Thomas Bellut sagte am Freitag in Berlin, dass bis Jahresende die Marke „100“ erreicht werde, über Stellenstopp, Reduzierung bei freien Mitarbeitern und Frühverrentung. Alle Bereiche seien betroffen.

Der finanzielle und personelle Einschnitt trifft das ZDF zu einem Zeitpunkt, da die drei Digitalkanäle ZDFinfo, ZDFneo und ZDFkultur Fahrt aufnehmen. Alle drei Angebote sollen in einer sich weiter fragmentierenden Fernsehwelt die Standfestigkeit der öffentlich-rechtlichen Anstalt sichern helfen – und vor allem das längst vermisste junge Publikum für das ZDF gewinnen. Bei der Akzeptanz liegt ZDFneo vorne, ZDFinfo habe sich nach seiner Neuausrichtung im vergangenen Jahr „als Digitalkanal für hintergründige Information etabliert“, wie Bellut sagte. Bei allen Zuschauern erreichte das Programm im April einen Marktanteil von 0,4 Prozent, bei den 14- bis 49-Jährigen 0,5 Prozent.

„Die Digitalkanäle sind für das ZDF anders als für die ARD mit ihren Dritten existenziell wichtig“, sagte der mit großer Mehrheit wiedergewählte Vorsitzende des ZDF-Fernsehrates Ruprecht Polenz. Und er kenne keinen vernünftigen Politiker, der daran etwas ändern wolle. Nun gibt es in Kreisen der Rundfunkpolitik von Union bis zur Sozialdemokratie längst eine Diskussion um die Notwendigkeit der jeweils drei Digitalkanäle von ARD und ZDF. Diese Diskussion hat auch der CDU-Politiker Polenz mitbekommen. Aber er möchte niemanden im medienpolitischen Sektor das mühsame Geschäft abnehmen, unter den Digitalangeboten zu wägen und zu wählen, denn es waren, und darauf wies Polenz deutlich hin, die Rundfunkpolitiker selber, die ARD und ZDF beauftragt haben.

Der Fernsehratsvorsitzende wie auch Intendant Bellut ließen durchblicken, dass ZDFneo als jugendaffiner Sender und ZDFinfo als internetaffine Kommunikationsplattform (und Politikerbühne) unverzichtbar, sprich nicht verhandelbar seien. Anders bei ZDFkultur, mit 0,1 Prozent Marktanteil Schlusslicht unter den Digitalkanälen. Nun soll keiner denken noch sagen dürfen, das ZDF habe keine Kultur. Also baut der Sender vor und verstärkt entsprechende Anstrengungen bei den Partnerprogrammen Arte und 3sat. Bei 3sat wird nach Belluts Ankündigung das Profil als Qualitätsfeuilleton für den deutschsprachigen Raum geschärft.

Das vielbelächelte ZDF-Studio auf der Insel Usedom zur Fußball-Europameisterschaft ist nun auch bei der Senderspitze auf Kritik gestoßen. „Wasser sieht ein bisschen einsam aus“, sagte Bellut. Bei den Übertragungen sei nicht deutlich geworden, dass das ZDF eine Brücke zu Polen schlagen wollte. Dennoch sei das Angebot bei den Zuschauern sei gut angekommen, rechtfertigte der Intendant die Anstrengung am Fußballstrand.

Im Streit mit den Zeitungsverlegern über die öffentlich-rechtlichen Internetangebote hält das ZDF an einer Einigung fest. Die Klage der Verleger gegen die „Tagesschau“-App richte sich ohnehin nicht gegen seinen Sender. Kritisch sei in den Verhandlungen eigentlich nur noch die Frage der Definition von Textangeboten, sagte Bellut. Es mache keinen Sinn, einzelne Texte zu vergleichen. Für die Beurteilung der „Presseähnlichkeit“ von Online-Aktivitäten müssten die Gesamtangebote betrachtet werden. Der Intendant betonte, in der Realität verhalte sich das ZDF so, als ob es die angestrebte Erklärung bereits gebe. Der Schwerpunkt des ZDF im Internet liege eindeutig auf Bewegtbildangeboten. Joachim Huber

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