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Werden keine Freunde mehr, der türkische Präsident

© dpa

Streit um Erdogan-Schmähgedicht: Jan Böhmermann geht in Berufung

Das Landgericht Hamburg hatte große Teile von Böhmermanns Schmähgedicht auf Erdogan verboten. Dagegen legt sein Anwalt Christian Schertz Berufung ein.

Der Streit um das Schmähgedicht des Satirikers Jan Böhmermann auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geht weiter. Böhmermanns Anwalt Christian Schertz hat am Freitag Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg eingelegt, das Böhmermann am 10. Februar große Teile seines - fragwürdigen - Schmähgedichts verboten hatte. Die strittigen Passagen berührten das allgemeine Persönlichkeitsrecht Erdogans im Kernbereich, hieß es in der Urteilsbegründung. Danach darf der fünffache Grimme-Preisträger und Moderator des "Neo Magazins Royale" nur noch sechs der insgesamt 24 Verse vortragen. "Herr Böhmermann wird die durch das Urteil auferlegte Einschränkung seiner Grundrechte nicht akzeptieren", sagte sein Anwalt Christian Schertz der "Süddeutschen Zeitung". "Man kann ein Kunstwerk nicht in Einzelteile sezieren." Er nannte die Entscheidung des Gerichts "offensichtlich fehlerhaft, ja absurd".

Böhmermann hatte unter dem Titel „Schmähkritik“ in seiner ZDF-Sendung „Neo Magazin Royale“ am 31. März vergangenen Jahres teils wüste Beschimpfungen gegen Erdogan vorgetragen und ihm unter anderem Sex mit Tieren unterstellt und ihn in die Nähe von Kinderpornografie gerückt. Zur Begründung stellte der Moderator seinem Auftritt voran, er wolle den Unterschied zwischen erlaubter Satire und in Deutschland verbotener Schmähkritik erklären.

Erdogans "übersteigertes Ehrempfinden"

Für Schertz hat das Gericht nicht den aktuellen, den nötigen Gesamtkontext berücksichtigt. Erdoğan schränke die Grundrechte in der Türkei systematisch ein und lasse Kritiker und Journalisten mit abenteuerlichen Begründungen ins Gefängnis sperren und betrachte sich selbst - zumindest in seinem eigenen Land - als über dem Recht stehend. "Das übersteigerte Ehrempfinden des türkischen Staatspräsidenten und sein widersprüchliches Verhältnis zur Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit dürfen ebenso wenig zum Maßstab des deutschen Rechtsstaates werden, wie der persönliche Humorgeschmack einzelner oder die Sachzwänge und strategischen Erwägungen politischer Akteure in Deutschland", sagte Schertz der "Süddeutschen Zeitung".

Wann in Hamburg wieder verhandelt wird, ist noch völlig offen, vermutlich aber erst in einigen Monaten.

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