zum Hauptinhalt
"Star Trek" für Soap-Fans: Atria 9 (Raechelle Banno) will sich gegen ihre früheren Herrscher auflehnen.

© SyFy

SyFy-Serie „Pandora“: Beverly Hills 2199

Wäre die Science-Fiction-Serie „Pandora“ ironisch gemeint, wäre sie gut zu ertragen. Leider meint es die SyFy-Serie ernst.

Die Zukunft ist ein diffuser Zustand, verheißungsvoll und bedrohlich, aber eines am allerwenigsten: berechenbar. Vor gar nicht allzu langer Zeit etwa hieß es auf dem Planeten Erde, der Blackberry sei die Endstufe digitaler Verständigung. Und 15 Jahre später? Gilt selbst das relativ frische iPhone allenfalls als Transfertechnologie auf dem Weg zum kommunikativen Implantat. Und kennt noch irgendwer unter 40 Faxgeräte, Datasetten, Floppy Discs oder wie die Endstufen unserer Zivilisation alle hießen? Eben!

Angesichts vom irren Tempo, in dem sich Innovationen heute selbst überholen, wäre es also zutiefst hypothetisch, wie die Welt, sagen wir: 2199 irdischer Zeitrechnung aussehen könnte. Obwohl – der futuristische Spartenkanal SyFy, hierzulande vor allem über Sky empfangbar, hat da eine ziemlich klare Vision: Eigentlich wie jetzt. In seiner SciFi-Serie „Pandora“ nämlich mag unsere Gegenwart zwei Jahrhunderte weitergerauscht sein; die Menschen darin sehen noch genauso aus wie heute, reden wie heute, scherzen wie heute, kleiden sich wie heute, sie essen sogar dieselben Chips und tragen dieselben Vornamen. Im Morgen nichts Neues…

[Die 13 Folgen der SyFy-Serie „Pandora“ laufen unter anderem bei Sky immer dienstags]

Gut, wenn die Raumfahrtstudentin Jacqueline Zhou (Priscilla Quintana) über den spät-romantischen Campus einer amerikanischen Stadt läuft, projiziert ihre Smartwatch zwar ulkige Holografien in die klare Luft von Kansas, während das erste Online-Date ihrer Zimmergenossin sicherheitshalber im KI-Modus läuft; ansonsten aber ist das 23. Jahrhundert nach dem Drehbuch des versierten Horror-Autors Mark A. Altman ganz schön Neunziger, also im boygroupbunten „Beverly Hills 90210“ gar nicht so lange vergangener Fernsehtage gelandet.

Nachdem ihre Eltern auf einer Lichtjahre entfernten Rohstoffkolonie Opfer extraterrestrischer Bombenattentäter geworden sind, kommt die schöne „Jax“ bei ihrem ähnlich schönen Onkel Prof. Osborn (Noah Huntley) auf Erden unter, dessen noch schönerer Assistent Xander (Oliver Dench) sie fortan in irgendwas mit „Space“ unterrichtet, wobei sie richtig, richtig schöne Kommilitonen von der exotisch heißen Delaney (Banita Sandhu) bis hin zum immerhin noch Bowiesexy Alien Ralen trifft, mit denen sie fortan ihrer familiären Katastrophe auf die Spur geht, bei der wie üblich alles mit allem zusammenhängt.

„Raumschiff Enterprise“ in der GZSZ-Kulisse

Abgesehen davon, dass die durchweg dummdreiste Figurenzeichnung noch nicht mal genreüblich von hochwertigen Special Effects kaschiert wird, erinnern die ersten drei von 13 Teilen der ersten (und hoffentlich letzten) Staffel ans „Raumschiff Enterprise“ in der Kulisse von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“. Das wäre sogar erträglich, wenn dieses „Star Trek“ für Soap-Fans das schöpferische Potenzial guter Science Fiction auch nur ansatzweise ausschöpfen würde. Die insgesamt acht Regisseure allerdings verspüren nicht den geringsten Drang, soziokulturellen Fortschritt über eine Jilsanderhafte Strenge der Kleidung hinaus zu denken.

Emanzipation und Politik, Kommunikation und Ökologie, Interaktion und Stil – nichts hat in 179 Jahren intergalaktischer Grenzerweiterung den geringsten Wandel erlebt. Frauen kleiden sich weiterhin sexy, Männer Casual Business und im viktorianischen Mobiliar nobler Restaurants läuft klassische Musik, wenn Protagonisten, die ausnahmslos nach optischen Kriterien gecastet wurden, belanglosen Smalltalk betreiben, der manchmal als Deeptalk getarnt ist.

Spannend wird es da nur, wenn schicke Space-Kadetten physisch spürbar in die Virtual Reality ausgefeilter Kriegsspiele eintauchen, bei denen Jax dann Flashbacks in die Todesnacht ihrer Eltern auf einem fernen Planeten hat. Doch selbst dieser Twist ist letztlich nichts als berechnende Grundbefriedigung der Generation Ballerspiel. Wer fiktionalen Futurismus mit nachhaltiger Substanz sehen will, sollte demnach lieber ein paar Folgen „Raumpatrouille Orion“ aus dem Netz ziehen. Denn versprochen: Die Zukunft darin ist glaubhafter als „Pandora“. Und weitaus unterhaltsamer. Jan Freitag

Jan Freitag

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false