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Nicht schön. Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) werden mit einer Leiche am schönen Wolfgangsee konfrontiert.

© ARD Degeto/ORF/Cult Film/Petro D

"Tatort" aus Ösi-Land: Schon fad

Der Wiener „Tatort: Wahre Lügen“ zeigt attraktive Bilder vom Wolfgangsee. Das war es dann auch.

„Im Weißen Rössl am Wolfgangsee, dort steht das Glück vor der Tür.“ War bei Peter Alexander und Waltraut Haas die Welt noch heil, so kann davon bei den Wiener Sonderermittlern Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser), deren jüngster Fall sie ins vermeintliche Idyll des Salzkammerguts führt, wahrlich keine Rede sein. Denn tief unten auf dem dunklen Grund des Sees in vierzig Metern Tiefe liegt ein Auto, darin sitzt eine Frau hinterm Steuer, an deren ausgestrecktem Arm eine Pistole mit Klebeband befestigt ist. Das Ganze wirkt sehr inszeniert, sehr demonstrativ. Auf der Fahrt an den Ufern des Wolfgangsees entlang, kurz bevor der Wagen gehoben wird, entfährt es Bibi Fellner geradezu schwärmerisch: „Es muss unglaublich schön sein, in der Gegend Urlaub zu machen.“

Die Tote ist die deutsche Journalistin Sylvie Wolter (Susanne Gschwendtner) aus Hamburg, die in Wien an einer Geschichte recherchiert hat. Irgendjemandem, so vermuten Eisner und Fellner, haben diese Recherchen nicht gepasst. Ein Schuss, vom Beifahrersitz abgegeben, hat die junge Journalistin getroffen, hier, im Idyll am Wolfgangsee.

Zunächst fischen die beiden Ermittler buchstäblich im Trüben. Dann steht die junge Sybille Wildering (Emily Cox) bei ihnen in der Bürotür. Sybille war die Lebenspartnerin der toten Sylvie, und für sie bricht gerade eine ganze Welt zusammen. Allmählich wird der Fall etwas klarer: Illegale Waffengeschäfte waren es, denen die Hamburgerin offenbar auf der Spur war, und natürlich sollte daraus ein mitreißendes Stück Journalismus werden, zumal ein niemals aufgeklärter Todesfall eines ehemaligen Ministers damit zusammenzuhängen scheint. Weitere Menschen sterben.

Keine Spannung, keine Figur berührt emotional

„Wahre Lügen“ heißt der von Thomas Roth geschriebene und auch inszenierte „Tatort“ aus der Alpenrepublik, der die private Geschichte zwischen Sylvie und Sybille mit einer politischen verwebt, die sowohl im Heute als auch im Gestern angesiedelt ist. Es ist Roths achter „Tatort“, neben einem Münchner sind es seit 2000 sieben mit Moritz Eisner. Das Problem nur, dass dieser Fall keine Spannung zu erzeugen vermag und keine der Figuren emotional berührt. Die einzige, mit der die Zuschauer, und dies auch nur zeitweilig, eine Verbindung herstellen können, mit ihr mitfiebern, miträtseln, ist die der trauernden Sybille Wildering – von Emily Cox mit undurchsichtiger, flackernder Ambivalenz dargestellt, einer Sphinx gleich –, die sich auf eigene Suche nach dem Täter begibt. Sie wolle dem, der ihre Freundin getötet hat, gegenüberstehen und in die Augen sehen. Als sie einmal dem Tod nur knapp entgeht, nimmt Bibi Fellner die junge Frau bei sich zu Hause auf, sehr zum Missfallen des sprachlosen Kollegen Eisner. Ob sie nun erneut die „Mutter Teresa der Halbwelt“ spiele. A bisserl Gefrotzel gehört in Wien ja immer dazu. Doch es geht sich nicht aus, wie’s hier so schön heißt. Der Fall bleibt flach und spröde, das wiederholte behördeninterne Geschacher mit der Frau Dr. Digruber (Franziska Hackl), ihres Zeichens Generaldirektorin für Innere Sicherheit, die ganz offensichtlich andere Interessen verfolgt als die rasche Aufklärung der Morde, hilft auch nicht.

Alles bleibt farblos und fad. Selbst die Zweierszenen zwischen Eisner und Fellner wirken eigenartig aufgesetzt, wie angehängt, um klaffende Lücken zu füllen. So gilt für diesen jüngsten „Tatort“ aus Österreich nicht, wie es „Im Weißen Rössl“ so schön erklingt: „Und musst du dann einmal fort von hier, tut dir der Abschied so weh.“ Thilo Wydra

„Tatort: Wahre Lügen“, Sonntag, ARD, 20 Uhr 15

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