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Tatort

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Tatort: Mein Kollege, mein Feind

Richy Müller tritt als Kommissar Lannert in Stuttgart an und muss sich mit Kommissar Bootz arrangieren.

Mit 31 Jahren ist Sebastian Bootz (Felix Klare) schon Kriminalhauptkommissar. Darüber wundert sich sein neuer Kollege Thorsten Lannert (Richy Müller), der eine frei gewordene Planstelle antritt. „Ich bin schnell“, erklärt Bootz. Großer Blickwechsel zwischen den beiden Männern, die hier auf dem Stuttgarter Revier zusammenarbeiten müssen, aber natürlich zuerst mal Konkurrenten sind. Dieser Lannert mit Rucksack und Matte sieht nicht besonders schnell aus. Wie denn ein Hamburger ins Ländle komme, will Bootz wissen. „Ich kann mich da nicht mehr blicken lassen“, sagt Lannert. Ein Geheimnis also, okay. Das wird unter Männern respektiert. Da fragt man nicht weiter.

So also sieht sie aus, die neue Konstellation im Stuttgarter „Tatort“: Getragen wird sie von der uralten Spannung zwischen zwei Männern mit gleichen Ambitionen und unterschiedlichen Temperamenten und den heimlichen Fragen: Wo stehst du? Ist Platz für mich? Lässt du mich vor? Bedrohst du mich? Muss ich’s dir zeigen, dich fertig machen?

Und so geht’s dann auch weiter. Ein Obdachloser hat eine Kinderleiche im Fluss entdeckt. Er birgt den Körper und geht zur Polizei. Bootz, der Korrekte, will ihn gleich dabehalten. Lannert aber, der Mann mit dem Instinkt, mit der „Nase“, wie er von sich sagt, weiß, dass das ein Fehler wäre und schickt den Penner weg. „Ich wollte eigentlich meine Weisungsbefugnis nicht ausspielen“, bemerkt Lannert. Bootz will über diese Entscheidung was Schriftliches. Lannert nickt, wohl wissend, dass er das nie machen wird, diesen Schreibkram. Erneuter langer Blick zwischen den Männern. Bootz seufzt. Beiden wird klar, dass sie hier in den uralte Psychomechanismus der Rivalität zurückfallen, dass sie ein Klischee bedienen, und man spürt, dass sie das einfach satt haben, beide. Ein Lächeln erscheint auf ihren Mienen, eine leise Selbstironie in den Dialogen, ein achselzuckender Humor in den Situationen.

Der Zuschauer ahnt: Dieses übliche Geplänkel des Sich-Kennenlernens ist nur der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Die haben die beiden auch nötig, denn es gibt viel zu tun. Das tote Mädchen (Lannert: „... Leiche in den Rhein geworfen“, Bootz: „Richtig. Nur dass der Rhein hier Neckar heißt“) trägt Turnschuhe mit kyrillischer Schrift, es wurde illegal zur Adoption vermittelt, ein Kinderhändlerring ist der eigentliche Übeltäter. Aber die Stuttgarter Agentur „New Life“, deren Job es ist, Kinder an Paare zu vermitteln, die wenig Chancen haben, weil sie zum Beispiel schon zu alt sind, hat auch tüchtig Dreck am Stecken. Bootz und Lannert erhalten eine prima Gelegenheit, ihre aufkeimende Sympathie zu vertiefen, indem sie sich under cover als schwules Paar um ein Kind bewerben und es mit dem Händchenhalten fast übertreiben. Also, das ist schon recht komisch.

Warum sie allerdings den schnittigen Sportwagen der Staatsanwältin bei der Jagd nach einem Gangster, den sie dann doch erstmal nicht kriegen, auf Stuttgarts steilen Treppenstraßen zu Schrott fahren müssen, ist nicht recht erklärlich. Wollte man nicht von den Polizeifilm-Klischees mit ihren Harte-Männer-Attitüden geradezu programmatisch wegkommen? Eins nach dem anderen, werden sich Autor Holger Karsten Schmidt und Regisseur Elmar Fischer gesagt haben. Fürs Erste reicht’s, wenn zwei Kommissare grinsen müssen, während sie sich aneinander messen.

„Tatort: Hart an der Grenze“, ARD, 20 Uhr 15

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