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Medien: Titelschwemme

Trotz schwieriger Marktlage setzt Gruner + Jahr auf Expansion

Von Gruner + Jahr, Europas größtem Zeitschriftenverlag, sollte in diesem Jahr einiges zu erwarten sein. 15 neue Titel hat Bernd Buchholz im Köcher. Wie viele davon das Licht der Kioskwelt erblicken, vermag der heute seit 91 Tagen fürs deutsche Zeitschriftengeschäft zuständige Vorstand nicht zu sagen. Die Erwartungen des Verlags sind hoch. Der nächste Wurf soll ein großer sein. Eine Zeitschrift, die mehr als 200 000 Exemplare verkauft, diese Maßgabe sollte die nächste Neuerscheinung schon erfüllen.

Der Hamburger Magazinverlag hat sich im vergangenen Jahr Kostendisziplin verordnet. Das Ebita (Ergebnis vor Steuern, Abschreibungen und Zinsen) wuchs 2003 bei einem Umsatz von 2,48 Milliarden um vier Millionen auf 238 Millionen Euro. Der Cashflow sank auf 236 Millionen (Vorjahr: 253), die Umsatzrendite stieg von 8,3 auf 9,6 Prozent. Doch Profitabilität ist nicht alles, betonte Vorstandschef Bernd Kundrun am Donnerstag bei der Vorstellung der Bilanz mindestens so oft wie er auf die Höhe der Rendite verwies. Mehr als 50 Millionen Euro seien 2004 für Investitionen geplant – eine Summe, die laut Kundrun nach oben korrigiert werden könnte. Auch Akquisitionen sind geplant.

Gruner + Jahr ist mit einem Auslandsanteil von 63 Prozent internationaler aufgestellt als jedes andere Verlagshaus weltweit. Insbesondere in Frankreich und den USA ist G + J aktiv. Die meisten der im In- und Ausland geplanten 15 bis 20 neuen Zeitschriften werden 2004 jedoch in den sieben anderen G + J-Ländern auf den Markt kommen. Diese Wachstumsmärkte betreut Torsten-Jörn Klein, der im vergangenen Jahr noch Geschäftsführer der „Berliner Zeitung“ war und, nach einer Laseroperation neuerdings brillenlos, bei G + J Vorstand für alle Länder außer Frankreich und den USA ist.

Ein paar Hinweise für neue G + J-Zeitschriften in Deutschland gab Buchholz dann doch: Unter den 15 Titeln, an denen er zurzeit arbeiten lässt, haben neben einem jungen People-Magazin zwei weitere Frauenzeitschriften gute Chancen. Zum einen handelt es sich um eine Frauenzeitschrift im Pocketformat. Nachdem der 2003 erfolglos erprobte Titel „Flash“ journalistisch und handwerklich wirklich nicht G + J-Ansprüchen genügte, verspricht sich Buchholz von diesem Projekt mehr. Zum anderen handelt es sich um ein großformatiges, üppig ausgestattetes Frauenmagazin mit dem Flair internationaler Metropolen. Dieses Projekt könnte die Wunde schließen, die entstand, als im vergangenen Jahr das Frauenmagazin „Marie Claire“ eingestellt wurde. Buchholz misst die Chance für neue Zeitschriften an zwei Kriterien: Entweder müssen sie einen Wachstumsmarkt besetzen – dazu würde der Pockettitel zählen - oder journalistisch relevant und qualitativ anspruchsvoll sein – dies würde für den Metropolentitel gelten.

Die Pressekonferenz in Hamburg zeigte aber auch, dass Gruner + Jahr nach dem Generationswechsel im Vorstand und – so hofft man – am Ende der Medienkrise ein wenig auf der Suche nach sich selbst ist. Immerhin ist Gruner + Jahr mit Titeln wie „Stern“, „Brigitte“ und „Geo“ groß geworden und kämpft sowohl um die image- und geld-bringende Anzeigenmarktführerschaft als auch um das journalistische Renommee, das der Verlag unter anderem durch die Henri-Nannen-Schule und die Verleihung des Egon-Erwin-Kisch-Preises hat. Wohl deshalb bittet Vorstandschef Kundrun um die Milde von Kritikern: „Bei so vielen neuen Projekten kann auch mal was schief gehen. Wir brauchen eine Fehlertoleranz.“

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