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Medien: Totmacher im Kaukasus

Der ARD-Film „Das Kommando“ will’s politisch: Wo muss Deutschlands Sicherheit verteidigt werden?

Das Szenario ist bedrohlich: Eine Terrorgruppe aus dem Kaukasus will mit einer schmutzigen radioaktiven Bombe einen Anschlag auf US-Streitkräfte in Heidelberg verüben. Mit bis zu 15 000 „zivil Geschädigten“ rechnet die Krisenrunde im Verteidigungsministerium. „Ein klarer Verteidigungsfall. Jetzt dürft ihr zeigen, was ihr könnt“, sagt Generalleutnant Erwin Wasser (Hansjürgen Hürrig) zum Leiter der Gebündelten Spezial-Kräfte (GSK), Heinz Büchner (Robert Atzorn). Die Elitetruppe soll die Terroristen bereits vor der Einreise ausschalten. Das leuchtet angesichts der drohenden Folgen ein, doch wo führt das hin? Etwa dazu, dass deutsche Soldaten als Teil der Anti-Terror-Koalition bei „Killerkommandos“ eingesetzt werden, wie Büchners Ex-Frau Ellen (Iris Berben) fürchtet?

Der ARD-Fernsehfilm bietet seinem Publikum zu Beginn des Jahres eine geballte Ladung politisch relevanter Themen, was ausdrücklich zu loben ist. Nach dem Kanzleramts-Drama „Spiele der Macht“ und dem Migranten-Epos „Zeit der Wünsche“ greift auch „Das Kommando“, das vorab schon bei Arte zu sehen war, wichtige Fragen auf, die nur vorübergehend wegen der verheerenden Flut in den Hintergrund gerückt sind.

„Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt“, beschrieb Verteidigungsminister Peter Struck im Februar 2003 die neue Bundeswehr-Doktrin. Der Film spielt ein Szenario durch, bei dem deutsche Soldaten aus politischen Gründen zu einem illegalen Auslandseinsatz abkommandiert werden. Die GSK soll an die tatsächlich existierende Eingreiftruppe KSK erinnern, die zum Beispiel in Afghanistan operierte. Autor und Regisseur Thomas Bohn, der auch die Hamburger „Tatort“-Krimis mit Atzorn als Kommissar Jan Casstorff inszeniert, hat aus dem Stoff einen leidlich spannenden Film gemacht. Tempo, Action und Katastrophen-Thrill stehen nicht im Vordergrund, vielmehr wird die militärkritische Botschaft in ein wenig überzeugendes Familiendrama verpackt.

Robert Atzorn gibt hier keinen schneidigen Schleifer, sondern einen General in Gewissensnot. Er bestimmt ausgerechnet den GSK-Trupp seines Sohns Christopher (Jens Atzorn) dazu, die heikle Mission am Kaukasus durchzuführen.

„Das Kommando“ leidet unter einer weit hergeholten Figuren-Konstruktion: Das Dienstverhältnis von Vater und Sohn wird noch dadurch belastet, dass die Psychologin der Einheit (Nele Mueller-Stöfen) ein Verhältnis mit dem Herrn General hat und zugleich die Einsatzfähigkeit der Soldaten attestiert.

Beim General daheim taucht überdies die politisch korrekte Ex-Frau (Iris Berben) auf, die als Ärztin Hilfsprojekte im Irak betreut und nun ausgerechnet mit einem bundeswehrkritischen Abgeordneten in Berlin liiert ist.

Die privaten Verwicklungen verstellen in dieser SWR/Arte-Produktion eher den Blick auf die politische Brisanz des Stoffs. Terroristen, Geheimdienstagenten und Politiker geben nicht viel mehr als Komparsenrollen her. Und der politische Streit, der stellvertretend in der Familie Büchner ausgetragen wird, wirkt überaus plakativ und vordergründig, wobei gleich noch Nazi-Vergangenheit und Nachrüstungsdebatte mit abgefrühstückt werden.

Sehr hübsch ist immerhin eine Dialog-Stelle, in der Christophers Freundin Florence (Oona Devi Liebich) mit dem tüchtigen Soldaten Schluss macht, weil sie „mit deinem Weltverbesserer-Käse echt nicht mehr klar kommt“. Florence dagegen will lieber „leben und Spaß haben“. In der nächsten Einstellung schlürft sie passend dazu einen Cocktail an der Bar.

Eine Art Happy-End gibt es dennoch: Heidelberg bleibt unversehrt, der von Atzorn-Sohn Jens durchaus sehenswert gespielte Christopher kann seinem Ruf als „Weltverbesserer“ endlich gerecht werden und gibt damit „all denen ein Beispiel, die meinen, Konflikte mit Gewalt lösen zu müssen“, sagt Thomas Bohn, der seine Botschaft aus allzu grobem Holz geschnitzt hat.

„Das Kommando“, Mittwoch, 19. Januar, ARD, 20 Uhr 15

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