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Werner Schellack mit einem Kinderfoto

© ZDF

TV-Doku: Deutsche Kinder, die 1948 in Südafrika adoptiert wurden

Unter Ariern: 83 Kinder aus Deutschland wurden von Familien in Südafrika aufgenommen, um die weiße Minderheit mit „reinem Blut“ zu stärken.

Peter Ammermann liebt Rabia und ist für sie auch zum Islam übergetreten. Dass er eine Nicht-Weiße geheiratet habe, war „ganz bestimmt nicht in deren Plan – und das gefällt mir irgendwie“. Ammermann gehörte 1948 zu einer Gruppe von 83 Kindern aus Deutschland, die von Familien in Südafrika adoptiert wurden, um die weiße Minderheit mit „reinem Blut“ zu stärken. Ausgewählt vom Dietse (Deutschen) Kinderfonds, einer Organisation rechtsgerichteter, mit der Rassen-Ideologie der Nazis sympathisierender Buren. Die Kinder sollten „superarisch“ sein, zum Beispiel Kinder toter SS-Offiziere, erklärt Werner Schellack, der später in Südafrika Historiker wurde und seine eigene Geschichte recherchierte. Schellack und Ammermann, damals zwei und acht Jahre alt, sind die Protagonisten des Dokumentarfilms „Weißes Blut“ von Regine Dura auf Arte.

Gespenstische Aktion

Es existieren Filme, O-Töne, Fotos und Schriftstücke von dieser gespenstischen Aktion. Dennoch bleiben viele Fragen offen: Wie lief das Ganze in Deutschland ab? Wer war beteiligt? Wer stimmte aus welchen Motiven zu? 1963, zum 15. Jahrestag der Gruppen-Adoption, nahm ein deutscher Politiker in Südafrika an einer Wiedersehensfeier der auf verschiedene Familien verteilten Kinder teil: Wilhelm Käber, ein ehemaliger Innenminister Schleswig-Holsteins – und ein rassistischer Motive eher unverdächtiger Sozialdemokrat, was im Film nicht erwähnt wird. Vermutlich wollte man den Kindern im zerstörten Deutschland nur Gutes tun, indem man sie zur Adoption freigab. Etwas mehr zu den Hintergründen wäre hilfreich gewesen.

Dafür gelingt der Autorin ein eindrucksvolles, feinfühliges Porträt der beiden Männer und ihres Lebensweges. Schellack wuchs wohlbehütet bei reichen und politisch einflussreichen Buren auf, in einem „wunderbaren Narrenparadies“. Mitte der 1960er Jahre fand er heraus, dass seine leibliche Mutter in Deutschland lebte – sie hatte ihn zur Adoption freigegeben, weil er ein uneheliches Kind war. Längst hat Schellack den Kontakt geknüpft, Regine Dura begleitet ihn bei einem Besuch der Familie in Deutschland. Ammermann kam mit zwei Geschwistern zu einer strenggläubigen Familie, in der die Kinder „grausam“ und „gemein“ behandelt wurden, wie er sagt.

Beide Männer leben in Südafrika und haben dort, wie es scheint, ihren Platz gefunden. Das Gefühl, nicht dazuzugehören, weder in Deutschland noch in Südafrika, ist beiden gemeinsam, wenn auch auf unterschiedliche Weise ausgeprägt. So ist „Weißes Blut“ weniger ein Film über Apartheid und das gegenwärtige Südafrika, sondern ein ungewöhnlicher Film über Entwurzelung und Heimatlosigkeit, erzählt anhand eines eher unbekannten Beispiels.

„Weißes Blut“; Dienstag, Arte, 20 Uhr 15

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