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Germanen

© WDR

TV-Dokumentation: Langhäuser und Moorleichen

Das Erste rekonstruiert die Geschichte der Germanen in einer aufwendigen Dokumentation in vier Teilen. Waren unsere Vorfahren tatsächlich jene grobschlächtigen Barbaren, als die Cäsar sie im eigenen Interesse beschrieb?

Die Germanen sind eine Erfindung von Julius Cäsar. Ein Germanien hat es in dieser Form nicht gegeben, denn die Germanen waren nur eines von vielen Völkern, die östlich des Rheins gelebt haben. Das ist die erste Überraschung der vierteiligen Doku-Fiction-Reihe „Die Germanen“, die das Erste mit jeweils zwei Doppelfolgen an Karfreitag und Ostermontag zeigt.

Zu Cäsars Zeiten herrschten im Norden die Teutonen, in der Mitte die Cherusker und Langobarden und im Süden die Mattiaker. Doch die Drohkulisse einer „germanischen Gefahr“ war für den römischen Feldherrn Cäsar viel vorteilhafter, um seine Soldaten und Rom insgesamt zum Kampf gegen die Stämme des Nordens zu mobilisieren. Doch waren unsere Vorfahren tatsächlich jene grobschlächtigen Barbaren, als die Cäsar sie im eigenen Interesse beschrieb? Die ARD-Dokumentation, die im Auftrag des WDR und der Koproduktionspartner MDR, HR und Arte von der Kölner Gruppe 5 Filmproduktion hergestellt wurde, versucht Antworten zu geben.

Der Film kombiniert dazu die aktuelle archäologische Forschung über die Germanen mit dokumentarischen Inszenierungen. Sie schlägt dabei einen zeitlichen Bogen von Cäsars Schlacht gegen Ariovist vom Stamm der Sueben zu Beginn des gallischen Krieges im Jahr 58 vor Christi bis zum Rückzug der Römer aus Germanien einige Jahrhunderte später.

Auf schriftliche Überlieferungen der Germanen kann sich der aufwendig produzierte Film nicht stützen. Außer einigen Runen ist von ihnen nichts Schriftliches überliefert. Was heute bekannt ist, stammt zumeist aus römischen Quellen wie von Tacitus. Dafür präsentiert die Dokumentation andere Funde, die Licht in die Nebel der germanischen Wälder bringen. Gezeigt wird zum Beispiel eine Ausgrabung in Norddeutschland. Anhand der Verfärbungen im Erdreich wird ein Dorf mit den typischen Langhäusern als dreidimensionales Computerbild rekonstruiert. Schaurig, aber interessant sind die präsentierten Moorleichen, darunter einige Menschenopfer. Auch auf Rügen gab es solche, aus Römersicht „barbarischen“ Zeremonien, erfährt der Zuschauer. Zu den Fakten kommt die Fiktion: Vier Teile, vier Geschichten, vier konstruierte Schicksale werden von den Autoren Alexander Hogh und Judith Voelker vor einem historisch belegten Hintergrund entwickelt. Im ersten Teil ist eine Heilerin vom Stamm der Sueben die Protagonistin. Sie muss erleben, wie auf dem Schlachtfeld die römische Disziplin über die germanische Kühnheit siegt. Allein kann sie nicht überleben, doch sie hat Glück, weil sie als Heilkundige von den Cheruskern aufgenommen wird. Doch auch hier ist sie nicht sicher vor den Römern, die ein halbes Jahrhundert später unter Tiberius fast alle germanischen Stämme „befrieden“, und im Gegenzug Kindergeiseln nehmen. Darunter jener Arminius, der später als Hermann, der Cherusker durch die Varusschlacht zum Inbegriff der germanischen Widerstandes gegen den Römer wird. Sein Schicksal wird im zweiten Teil aus der Sicht des fiktiven Begleiters Notker geschildert. Und so geht es am Limes munter weiter. Im vierten Teil steht Radulf im Mittelpunkt, ein Gefolgsmann des Frankenkönigs Chlodwig. Der entsagt seinem alten Glauben und wendet sich mitten in einer verloren geglaubten Schlacht gegen die Alemannen dem Christentum zu – und siegt. In der Zeit zwischen Antike und Mittelalter finden sich verstärkt Beigaben in Kreuzform in den Gräbern der Franken und Alemannen. Mögen die germanischen Stämme zu Cäsar Zeiten tatsächlich „zottelige Wilde“ gewesen sein, im Verlauf der Geschichte wurden sie zu eifrigen Verbreitern des christlichen Glaubens.

„Die Germanen“; ARD, Teil 1 und 2 am Karfreitag, Teil 3 und 4 am Ostermontag, jeweils 18 Uhr 30

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