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Maggie Valentina Salomon spielt die achtjährige herzkranke Jana einfach grandios.

© SWR/Oberon Film/Gabriel Lobos

TV-Drama „Das Leben meiner Tochter“: Daddys Dilemma

Die andere Seite des Organhandels: Im Drama „Das Leben meiner Tochter“ trifft ein Vater eine Entscheidung, die niemanden kalt lässt.

„Wie würden Sie entscheiden?“ hieß einst ein Klassiker im ZDF. Die Gerichtsshow stellte echte Prozesse nach. Vor der Urteilsverkündung wurde die Verhandlung unterbrochen, damit das Studiopublikum sein Votum abgeben konnte. Bei dem Drama „Das Leben meiner Tochter“ kann zwar niemand abstimmen, aber die Anteilnahme funktioniert ganz ähnlich, denn die Zuschauer werden sich die gleiche Frage stellen: Wie würde ich anstelle des Vaters entscheiden?

Steffen Weinert (Buch und Regie) erzählt in seinem zweiten Langfilm die Geschichte einer Familie, deren unbeschwertes Glück aus heiterem Himmel zerstört wird, als bei der achtjährigen Tochter Jana eine Herzmuskelentzündung entdeckt wird. Das Kind brauche dringend ein neues Herz, wird den Eltern Micha und Natalie (Christoph Bach, Alwara Höfels) mitgeteilt; es könne jedoch acht Monate dauern, bis sich ein Spender finde. Es folgen eine Schwarzblende und die lakonische Einblendung „Ein Jahr später“.

Die Frage lautet: Wie würden Sie entscheiden?

Im Grunde ist der gesamte erste Akt bloß der Prolog des Films, denn nun konfrontiert Weinert seine Protagonisten und somit auch die Zuschauer mit dem eigentlichen Konflikt. Micha ist bei Recherchen im Internet auf eine Organisation gestoßen, die Organe vermittelt. In Deutschland ist das illegal, und die Ärztin (Barbara Philipp) rät dringend davon ab – aus medizinischer, aber auch aus moralischer Sicht; es gebe Gründe, von denen die Eltern lieber nichts wissen möchten, deutet sie düster an.

Natalie schließt sich dieser Sichtweise zunächst an, ändert ihre Meinung jedoch, als Jana einen leichten Schlaganfall hat. Micha fliegt nach Bukarest und leistet 50 000 Euro Anzahlung auf die Gesamtsumme von 250 000 Euro. Weil Natalie zwischenzeitlich neue Zweifel gekommen sind, trifft er eine einsame Entscheidung, als es ein Spenderherz gibt.

[ „Das Leben meiner Tochter“, Arte, Freitag, 20 Uhr 15]

Weinerts Debüt war „Finn und der Weg zum Himmel“ (2012), eine Komödie über einen erwachsenen jungen Mann mit dem Gemüt eines Kindes; der Film war so schön, dass es fast wehtat. Weinerts zweite Regiearbeit ist ebenfalls ein Werk, das niemanden kalt lassen wird. Das hat nicht nur mit dem Gewissenskonflikt, sondern vor allem mit den realitätsnah entworfenen Figuren zu tun, zumal die drei Hauptdarsteller sie mit sehr viel Leben füllen. Die größte Anerkennung gebührt dem Regisseur für die Führung der jungen Maggie Valentina Salomon: Das Mädchen ist schlicht grandios. Die Dialoge von Vater und Tochter bergen dem tragischen Thema zum Trotz sogar eine gewisse Komik, weil sie ihm auf Augenhöhe begegnet, aber dennoch Kind bleibt.

Neben den prominenten Hauptdarstellern konnte Weinert auch für kleinere Rollen namhafte Mitwirkende gewinnen. Es sind jedoch die Jüngsten, die abgesehen vom lakonischen Epilog für die berührendsten Momente sorgen. In den Gesprächen von Jana und ihrer besten Freundin Maria geht es ebenfalls um den Tod, aber die Dialoge wirken nie gespielt oder aufgesetzt, zumal Weinert sie sehr glaubwürdig eingefädelt hat. Tilmann P. Gangloff

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