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Drei starke Frauen im Hotel Sacher: Martha Aderhold (Julia Koschitz, von li.), Anna Sacher (Ursula Strauss) und Konstanze von Traunstein (Josefine Preuß).

© ZDF und Jens Hartmann

TV-Film über das "Sacher": Habe die Ehre

„Sacher“: Wieder einmal lebt ein Fernsehfilm von der Faszination des Hotels. Hier wird das Elend mit dem Fantastischen verbunden.

Die k. u. k. Herrlichkeit im alten Österreich-Ungarn ist ein beliebter Schauplatz für historische Dramen in Film und Fernsehen. In Ankündigungen kommt dann auch bald das Wort „Niedergang“ vor. Es war ja alles zu schön, um von Dauer zu sein: die Paläste, die Kostüme, die Umgangsformen. Die Kronleuchter, die Hüte der Damen, die graziösen Verbeugungen: „Ihr untertäniger Diener“, „Habe die Ehre“ und natürlich „Küss die Hand“.

Aber es war auch alles zu furchtbar, um nicht dem Niedergang geweiht zu sein: die Hierarchien, der Militarismus, die Arroganz der Herren. Ja, Stil hatte sie, die „beste Gesellschaft“ von Wien. Aber sie war auch grausam zu den Bedürftigen und Abhängigen, und so geschah es ihr ganz recht, dass sie ein Opfer des Ersten Weltkriegs wurde.

Rodica Döhnert (Buch; sie verfasste schon die Geschichte des Berliner Adlon für einen Mehrteiler) und Robert Dornhelm (Regie) haben ihren Zweiteiler über das Sacher-Hotel und seine Gäste so angelegt, dass das Auge zwar in dem verführerischen Pomp der Epoche schwelgen kann, der Verstand aber sogleich denkt: Oh oh. Dass das nicht mehr lange gut gehen kann mit der Klassengesellschaft im Habsburger Reich, das zeigen uns die Helden und Heldinnen des Films gleich zu Beginn.

Sie sind nahezu ausnahmslos vom modernen, reformwilligen Schlag – die alte Kaiserseligkeit ist Kulisse. Im Mittelpunkt steht Konstanze, Prinzessin von Traunstein (Josefine Preuß), die zwar ihre hochfahrende Art hat, aber in einer Art Doppelleben Romane schreibt und mit ihrem Verleger anbändelt. Ihr Gatte Georg (Laurence Rupp) ist ein Reformer, der sein Vermögen für eine Dorfschule hergibt und die tiefe Missbilligung des einzigen wirklichen Reaktionärs im Film auf sich zieht: seines Vaters, des Fürsten von Traunstein, ein passionierter Jäger und Verteidiger der alten Ordnung, bravourös gespielt von Peter Simonischek.

Es entwickelt sich ein amouröses Viereck

Die Traunsteins verkehren viel im Sacher, wo sie denn auch die Aderholds kennenlernen, das Verlegerpaar aus Berlin. Martha (Julia Koschitz) ist Jüdin und ganz der Literatur verpflichtet, Max (Florian Stetter) schreibt selbst, aber seine Werke verkaufen sich nicht, weshalb der Verlag wenig abwirft. Doch das Sacher können sich die Aderholds noch leisten; dort treffen sie die Traunsteins, und es entwickelt sich ein amouröses Viereck, in dem sogar die beiden Frauen miteinander flirten.

Überhaupt die Frauen. Sie sind es in diesem Zweiteiler, die die Geschichte vorantreiben. Martha Aderhold muss sich von ihrem Vater sagen lassen, dass ja doch der Mann die Frau ernähren solle – bei ihr und Max aber sei es umgekehrt. Konstanze hält ihre Existenz als Schriftstellerin zwar geheim, aber man merkt schon: Die Zeit der abhängigen Weiblein ist vorbei.

Am nachdrücklichsten vertritt Anna Sacher (Ursula Strauss), die Inhaberin des luxuriösen Hauses, in dem sogar der Erzherzog ein Separee bucht, die Rechte der Frauen, Chef zu werden. Als der Film beginnt, ist Eduard, der Gründer des Hotels und Annas Gatte, dahingeschieden. Dass eine Frau die Geschäfte führt, scheint irreal. Anna aber zündet sich eine Zigarre an, setzt sich durch. Der Hoflieferant in Sachen Sacher-Torte ist erstmals eine Frau.

Die neue Zeit ist also schon da, obwohl wir erst 1892 schreiben. Und bricht im zweiten Teil mit dem Weltkrieg dann wirklich aus. Das Sacher überlebt auch diese Krise, Anna raucht weiter ihre Zigarren und trägt ihre Schoßhündchen durch die Lobby. Sie kennt ihre Gäste, weiß (fast) alles über sie und macht Gewinn. Das ist noch nicht die ganze Geschichte.

Die K.-u.-k.-Gesellschaft war gnadenlos gegenüber ihren Habenichtsen, aus deren Milieu wird auch erzählt. Da rennt die kleine Marie, die im Sacher die Böden putzt, vor einem Mädchenfänger davon und wird gerettet – um von ihrem Retter auch nur wieder eingesperrt zu werden, im Notenarchiv unterm Hoftheater. Diese „Phantom der Oper“-mäßige Nebenhandlung wirkt arg ausgedacht – aber so was darf die Fiktion machen: das Elend mit dem Fantastischen so verbinden, dass es in einen unterhaltsamen Zweiteiler über den Niedergang der alten Welt hineinpasst. Zumal aus dem armen Mädchen eine Frau (Jasna Fritzi Bauer) wird, die in Sachen Emanzipation voll durchstartet.

„Das Sacher. In bester Gesellschaft“, Montag und Mittwoch, jeweils um 20 Uhr 15 im ZDF.

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