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In Sorge: Leo Sorel (Jakub Gierszal, links) und Dr. Magnus Sorel (Axel Milberg)

© NDR/Christine Schroeder

TV-Komödie mit Axel Milberg: Alles wird gut

Für den Therapeuten ist die Welt da draußen die „Wildnis“: Axel Milberg glänzt in Dani Levys wahnsinniger Komödie „Der Liebling des Himmels“.

Magnus Sorel ist ein erfolgreicher und prominenter Psychotherapeut in Hamburg. Wenn er seine Praxis betritt, schenkt er den beiden Sekretärinnen ein lautes, gekünsteltes Lachen und immer den gleichen Begrüßungssatz: „Carpe diem, meine Damen.“ Dass sich hinter Sorels jovialer Maske eine gestörte Persönlichkeit verbirgt, weiß eigentlich jeder, nur der Therapeut selbst hält sich natürlich für vollkommen gesund. Sorel zählt jeden Schritt, jedes Blatt Toilettenpapier, jede Minute, die jemand zu spät kommt. Sein Tablet meldet ihm fortwährend neue Termine wie „Duschen“ oder „Schlafen“. Er riecht, schmeckt und hört alles intensiver als andere Menschen, aber als sensibel kann man ihn nicht gerade bezeichnen. Andere Menschen ekeln ihn an. Und das sagt oder zeigt er ihnen auch, insbesondere seinen Patienten.

Ab und zu werden „Tatort“-Kommissare von den jeweils verantwortlichen ARD-Sendern mit zusätzlichen Hauptrollen beschenkt. Das muss nicht automatisch ein Vergnügen sein, aber Axel Milberg als Psychotherapeut mit Zwangsstörungen und sozialer Phobie in einer Komödie von Dani Levy („Alles auf Zucker“), das darf man wohl vielversprechend nennen. Und tatsächlich ist „Der Liebling des Himmels“, finanziert vom NDR und der ARD-Filmtochter Degeto, ein Beispiel dafür, dass es auf dem viel gescholtenen Süßstoff-Sendeplatz am Freitagabend mittlerweile ambitionierter zugeht. Nur hell und freundlich sollten dort die Filme früher sein, mit unkomplizierten Geschichten und durchweg populärer Besetzung.

Günther Jauch lädt den Therapeuten in seine Sendung ein

Hier sitzt zwar auch mal Karl Dall auf Sorels Couch, zudem lädt Günther Jauch den Therapeuten in seine Sendung ein und Mario Adorf hockt als Sorels Vater im Stadtindianer-Look am Hamburger Strand. Doch die tragende weibliche Nebenrolle hat Levy mit einem im Fernsehen unbekannten Gesicht besetzt: Andreja Schneider von den „Geschwistern Pfister“ spielt Masha Kovacevic, eine Patientin, die Sorel wegen ihrer impulsiven Art und ihrer üppigen Weiblichkeit abstoßend findet. Mashas Schwitzflecken, ein nackter Transvestit und Sorels lebenskluge, aber krebskranke Ex-Frau (Jenny Schily), deren Krankheitssymptome nicht hübsch geschminkt versteckt werden – in dieser Komödie geht es explizit und auch mal derb und dreckig zu.

Für den Therapeuten ist die Welt da draußen die „Wildnis“, deren Zumutungen er sich vom Leib halten will. Dann geschehen mehrere verhängnisvolle Dinge auf einmal: Masha zeigt den Therapeuten wegen sexueller Nötigung an, und Sorels Tagebücher, Zeugnisse seines Ekels vor Mitmenschen, werden gestohlen. Ein Erpresser mit arabischem Akzent verlangt 100 000 Euro – und erhöht die Summe verärgert auf 150 000, weil Sorel ihm ein altes Familienerbstück anbietet, statt es an seinen Sohn Leo weiterzugeben. Auch sonst bietet Autor und Regisseur Levy absonderlich-komische Figuren wie das Schlägerduo Waczek und Vaczek, einen Polizisten, der nach vollbrachtem Mord zur Therapie geht, oder Sorels fürsorgliche Sekretärin Barbara von Lausitz (Anna Böger) auf. Nebenbei werden noch der Medienzirkus und das multikulturelle Leben im Schanzenviertel aufs Korn genommen. Eigentlich ein Overkill an Motiven, Figuren und Anspielungen auf eine neurotische Gesellschaft.

Milberg hält den Wahnsinn zusammen. Mit Vollbart und einer Mischung aus Unbeholfenheit und Verständnislosigkeit stolpert er als Soziopath Sorel durch die „Wildnis“. Mit dem unerwartet positiven Ende schert der Film auf den alten Degeto-Kurs ein. „Ein Film, der am Freitag zur Primetime im Fernsehen läuft, sollte das Publikum mit einem Happy End im weitesten Sinne gut entlassen“, sagt Dani Levy.

„Der Liebling des Himmels“, ARD, Freitag, 20 Uhr 15

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