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Das Auge des Tigers. Mit „Rocky“ wurde Sylvester Stallone vom Unbekannten zum Superstar.

© United Artists

TV-Porträt Sylvester Stallone: Der Verkannte

Viele sehen in Sylvester Stallone nur „Rocky“ und „Rambo“. Eine Doku zeigt das Leben hinter der Rolle.

Der 9. Januar 1976 findet in Philadelphia der erste Drehtag zu „Rocky“ statt. Letztlich beginnt in der Hauptstadt Pennsylvanias einer der modernen Kino-Mythen. Die Produktion ist mit einer Million Dollar absolutes low budget, Stallone bekommt bescheidene 360 Dollar die Woche. Niemand am Set weiß, was aus diesem Dreh werden wird. Es soll alle überraschen: das Filmteam, die Presse, das Publikum. Am meisten jedoch Hauptdarsteller Sylvester Stallone, der noch zum Abschluss der Dreharbeiten zu seiner Frau Sasha sagt: „Das war die schlechteste schauspielerische Leistung, die ich je gesehen habe. Ein komplettes, absolutes und dummes Desaster. Es ist leer. Es ist fast schon peinlich. Das wird nie funktionieren.“

„Rocky“, die Aufstiegsgeschichte des Boxers Rocky Balboa, wird in den USA 120 Millionen Dollar einspielen. Von den zehn Oscar-Nominierungen, wird der Film am Ende drei Preise einheimsen. Aus dem Nichts in den Olymp katapultiert. Vom Unbekannten zum Superstar. Die Geschichte von „Rocky“ ist letztlich nichts anderes als die Geschichte von Sylvester Stallone selbst, der bald schon von aller Welt nur noch „Sly“ genannt wird.

„Stallone“ heißt denn auch die neue französische Dokumentation von Clélia Cohen und Antoine Coursat, die im Deutschen den eher prosaischen Untertitel „Der ewige Held“ trägt. Neben zahlreichen Filmausschnitten enthält die Dokumentation vor allem interessante Stallone-Interviews aus den verschiedenen Jahrzehnten sowie seltenes, sehenswertes Archivmaterial von den Dreharbeiten seiner Filme, bei denen er neben der Hauptfigur auch für Drehbuch, Regie und Produktion verantwortlich war.

Längst eine ikonische Figur

„Rocky bin ich nach und Rambo bin ich vor dem morgendlichen Kaffee“, sagt er in einem TV-Interview und lacht daraufhin. Es ist beinahe ein bitteres Lachen. Stallone ist auf diese beiden von ihm kreierten, längst ikonischen Figuren so sehr festgelegt, dass er daneben spielen kann, was er nur will, die Filme fallen beim Publikum und an der Kasse meist durch. So reiht sich in seiner Filmographie Flop an Flop – es sei denn, es handelt sich um ein Sequels von „Rocky“ oder „Rambo“.

Die unzerstörbare „Rocky“-Reihe schafft es bislang bis zum achten Film, „Creed II – Rocky’s Legacy“, der im Winter 2018/2019 in die Kinos kam. Für „Creed“ bekam er 2016 seinen ersten Golden Globe überhaupt – nach 40 Jahren Filmkarriere, im 70. Lebensjahr. Es ist die späte Ehrung eines Schauspielers, der für viele in den späten 1970er Jahren und vor allem in den 80ern zum Helden wurde, zur Verkörperung des Unantastbaren, Unangreifbaren. Zum Archetypen des Action-Kinos. Zum Alter Ego der ebenso verwundeten wie unverwundbaren Seele Amerikas.

„Stallone“ zeichnet den mäandernden Lebensweg bar nach. Geboren am 6. Juli 1946 in Hell’s Kitchen, New York City, als Sohn italoamerikanischer Eltern geboren, musste er schon früh um Anerkennung und Aufmerksamkeit kämpfen. Der Eingriff einer Zange bei seiner Geburt führte zu Verletzungen an den Gesichtsnerven und dazu, dass seine Augenlider herunterhängen und er zudem schleppend spricht. Sein Look ist dabei nicht der intelligenteste. Es wird der rote Faden in seinem Leben werden: Von außen oft belächelt, ob seiner Makel als zurückgeblieben eingeschätzt, setzt Sylvester Stallone sein Leben lang auf eine übertriebene Körperlichkeit, auf exzessiven Körperkult. „Sly“, das ist der Underdog par excellence.

„Rambo V“ ist gerade abgedreht und wird Ende 2019 in die Kinos kommen. Vermutlich wird es mit Rocky und Rambo weitergehen, solange Stallone physisch noch kann. Es sind zwei Ikonen der US-Popkultur. Und er, der Verkannte, hat sie geschaffen. Thilo Wydra

„Stallone“, Arte, Freitag, 21 Uhr 45

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